Wochenrückblick

Ihnen ist sicher aufgefallen, daß dieser Wochenrückblickschon wieder“ verspätet ist. Diesmal war keine eilige Meldung schuld, sondern ein hinterhältiger Virus, der es durch meine „Bio-Firewall“ geschafft hat und mich flachgelegt hat. Manchmal sind ja Hinderungsgründe ganz profan. Dabei lohnt sich der Rückblick diese Woche.

Denn nachdem der Spiegel letzten Sonntag bekannt gab, daß Lufthansa für Germanwings einen Tarifvertrag ausgehandelt hatte, der nur dann günstigere Gehälter vorsieht, wenn Germanwings weder zu schnell wächst noch das Geschäft von Lufthansa übernimmt, und demzufolge die Piloten dort jetzt eine Gehaltsangleichung auf Lufthansa-Niveau forderten, dauerte es nicht lange, bis Dr. Franz losdrohte: Machten die Mitarbeiter nicht mit, würde er Germanwings schließen. Das ist ein argumentatives Eigentor, daß ihn jetzt in eine völlig unnötige Drucksituation gebracht hat.

Genauso wie sein Umgang mit den Arabern: Dauernd schimpft er auf die „bösen Araber“ mit ihren angeblichen Subventionen, um dann, als Qatar der OneWorld beitritt überraschend seinen Mitarbeitern zu erklären, für Verhandlungen mit Partnern in der Golf-Region müsse man erst auf Augenhöhe kommen. Eine Augenhöhe, von der sich Lufthansa durch die aktuellen Sparmaßnahmen immer weiter entfernt – in Richtung Hühneraugen.

Und weil Dr. Franz anscheinend gerne alle zum Feind hat, Mitarbeiter, Kunden, Vertriebspartner und Aktionäre sowie Kreditgeber waren ja bislang seine Hauptzielgruppe, hat er laut dem Qatar Airways CEO Akbar Al Baker durch sein ewiges Gewetter gegen die bösen Golfairlines auch da die Stimmung schon so vergiftet, daß eine Allianz mit Lufthansa undenkbar wurde.

Doch an der Führung kann es nicht liegen, daß es Lufthansa schlecht geht. Denn traut man Dr. Franz, sind alle Probleme von außen verursacht. Die anderen sind schuld. Ausgerechnet noch ein Beispiel für Denkfehler aus dem von ihm empfohlenen Buch „Die Kunst des klaren Denkens“ von Rolf Dobelli. Hätte er es nur mal selbst gelesen, bevor er es empfohlen hat.

Die sind auch schuld daran, daß Lufthansa nicht profitabel arbeitet. Dabei beschwert sich AirBerlin-Chef Mehdorn begründet, daß Lufthansa ihre marktbeherrschende Stellung mißbrauche und auf Monopolstrecken Höchstpreise verlange, auf Wettbewerbsstrecken über einen Preiskampf den Wettbewerb jedoch gewaltsam verdränge. Wer aber Preiskampf betreibt, darf sich nicht über niedrigen Ertrag wundern. Und vorallem dafür nicht das Gehalt der Mitarbeiter als Schuldigen ausmachen.

Die angekündigten Sparmaßnahmen sind auch inkonsistent: Jetzt bekommt Austrian Airlines neue Business-Sitze, wieder ein anderes Modell als die Lufthansa hat. Auch setzt die Cargo eine andere Flotte ein, als die Passage. Sparen durch Vereinheitlichung sei der Plan. Nur davon merkt man als Beobachter wenig, vielmehr sehe ich widersprüchliches Handeln. Solche Teilsparmaßnahmen mit Gesamtmehrkosten hatte ich neulich schon in Verdacht, als die Cargo neu nach Tel Aviv flog – nachdem vorher die Passage zur Spritersparnis auf kleinere Maschinen mit geringerer Zuladung umgestellt hatte. Und tatsächlich: Interne Quellen haben meine Mutmaßung bestätigt, die Cargo MD-11F muß die Fracht mitnehmen, die der Passage A321 stehen hat lassen.

Neben fehlenden Visionen auch noch fehlende innere Logik. Und der Aufsichtsrat sitzt und schweigt, wie es scheint.

Nächste Woche will ich dann, so nichts unvorhergesehenes passiert, wieder etwas mehr zurück in Richtung Kundenumgang. Da sind mir ein paar ganz interessante Urteile über den Weg gelaufen.

Nächster Vertragsbruch bei Lufthansa?

Der Spiegel berichtet in seiner morgen erscheindenen Ausgabe (heute schon online erhältlich), daß Piloten 2004 bei der Gründung der Germanwings einem niedrigeren Gehalt zugestimmt hätten, als es bei Lufthansa üblich sei. Dafür allerdings habe sich Lufthansa verpflichtet, daß Germanwings nicht zu stark wächst und unabhängig von der Mutter operiere.

Mit der Unabhängigkeit ist es schon lange vorbei, seit nämlich Germanwings innerdeutsche Strecken von der Lufthansa übernommen hat und die Flugpläne koordiniert wurden. Und jetzt wächst auch Germanwings deutlich: Die noch bestehenden 32 Maschinen werden fast verdreifacht, auf 90 Flugzeuge.

Daraus folgert die Tarifkommission laut Spiegel nun richtig, daß somit auch die Grundlagen der abgesenkten Gehälter entfallen sein. Denn Ziel der Vereinbarung war ja, die Mitarbeiter der Lufthansa davor zu schützen, daß durch den Billigflieger Germanwings deren Arbeitsmarkt torpediert wird.

Lufthansa kennt den Tarifvertrag und weiß daher auch, daß diese Bedingung existiert.

Eine ähnliche Situation hatte Lufthansa schon 2008. Damals streikten die Piloten der Cityline, weil Lufthansa einen größeren Flieger dort einführen wollte. Bis dahin waren die Maschinen dort auf 70 Sitze limitiert, die neue Embraer hatte 115 Sitze. Auch hier war die Regelung zum Schutz der Mitarbeiter der „echten“ Lufthansa eingeführt worden, um so nicht durch die Hintertür billigere Cityline-Piloten die großen Jets fliegen zu lassen. Damit sollten die Arbeitsplätze gesichert werden.

Sicherlich ist die Beschaffung eines neueren, spritsparenderen, aus Passagiersicht deutlich komfortableren Jets als des dafür mittlerweile ausgestorbenen Jumbolino nachvollziehbar, nur auch da mußte man sich mit dem Tarifpartner einigen.

Auch heute müßte Lufthansa auf den Tarifpartner zugehen, den Dialog suchen und versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Zumal der Übergang des Europa-Verkehrs auf die Germanwings eben nicht nur durch eine technische Neuerung bedingt ist, sondern eine geplante, unternehmerische Entscheidung war.

Der Vorstand unterlässt das, wie schon bei der Meilenentwertung, die das erste Symptom der neuen Rücksichtlosigkeit und Vertragsuntreue war, und hofft darauf, mit Gewalt seine aggressiven Sparpläne durchsetzen zu können.

Wenn dann die Piloten wirklich streiken, kann man immer noch versuchen, ihnen durch geschickte PR den schwarzen Peter zuzuspielen und die Kunden dann nachher scheinbar entschädigen. Derweil versucht der Vorstand mit markigen Sprüchen und Imponiergehabe nach intern den Arbeitskampf als aussichtslos erscheinen zu lassen.

Wer so brutal agiert, steht entweder mit dem Rücken zur Wand und kann nicht mehr anders, oder aber hat gar kein Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit mit seinen Geschäftspartnern und kann sie daher alle düpieren.