Nächster Vertragsbruch bei Lufthansa?

Der Spiegel berichtet in seiner morgen erscheindenen Ausgabe (heute schon online erhältlich), daß Piloten 2004 bei der Gründung der Germanwings einem niedrigeren Gehalt zugestimmt hätten, als es bei Lufthansa üblich sei. Dafür allerdings habe sich Lufthansa verpflichtet, daß Germanwings nicht zu stark wächst und unabhängig von der Mutter operiere.

Mit der Unabhängigkeit ist es schon lange vorbei, seit nämlich Germanwings innerdeutsche Strecken von der Lufthansa übernommen hat und die Flugpläne koordiniert wurden. Und jetzt wächst auch Germanwings deutlich: Die noch bestehenden 32 Maschinen werden fast verdreifacht, auf 90 Flugzeuge.

Daraus folgert die Tarifkommission laut Spiegel nun richtig, daß somit auch die Grundlagen der abgesenkten Gehälter entfallen sein. Denn Ziel der Vereinbarung war ja, die Mitarbeiter der Lufthansa davor zu schützen, daß durch den Billigflieger Germanwings deren Arbeitsmarkt torpediert wird.

Lufthansa kennt den Tarifvertrag und weiß daher auch, daß diese Bedingung existiert.

Eine ähnliche Situation hatte Lufthansa schon 2008. Damals streikten die Piloten der Cityline, weil Lufthansa einen größeren Flieger dort einführen wollte. Bis dahin waren die Maschinen dort auf 70 Sitze limitiert, die neue Embraer hatte 115 Sitze. Auch hier war die Regelung zum Schutz der Mitarbeiter der „echten“ Lufthansa eingeführt worden, um so nicht durch die Hintertür billigere Cityline-Piloten die großen Jets fliegen zu lassen. Damit sollten die Arbeitsplätze gesichert werden.

Sicherlich ist die Beschaffung eines neueren, spritsparenderen, aus Passagiersicht deutlich komfortableren Jets als des dafür mittlerweile ausgestorbenen Jumbolino nachvollziehbar, nur auch da mußte man sich mit dem Tarifpartner einigen.

Auch heute müßte Lufthansa auf den Tarifpartner zugehen, den Dialog suchen und versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Zumal der Übergang des Europa-Verkehrs auf die Germanwings eben nicht nur durch eine technische Neuerung bedingt ist, sondern eine geplante, unternehmerische Entscheidung war.

Der Vorstand unterlässt das, wie schon bei der Meilenentwertung, die das erste Symptom der neuen Rücksichtlosigkeit und Vertragsuntreue war, und hofft darauf, mit Gewalt seine aggressiven Sparpläne durchsetzen zu können.

Wenn dann die Piloten wirklich streiken, kann man immer noch versuchen, ihnen durch geschickte PR den schwarzen Peter zuzuspielen und die Kunden dann nachher scheinbar entschädigen. Derweil versucht der Vorstand mit markigen Sprüchen und Imponiergehabe nach intern den Arbeitskampf als aussichtslos erscheinen zu lassen.

Wer so brutal agiert, steht entweder mit dem Rücken zur Wand und kann nicht mehr anders, oder aber hat gar kein Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit mit seinen Geschäftspartnern und kann sie daher alle düpieren.

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Direct-4U: Chefsuche

Die Financial Times Deutschland berichtet, daß die Lufthansa für die neue Europa-Tochter, die unter dem Namen Direct-4U bekannt wurde, aktuell einen Chef sucht. Ausgewählt würde zwischen zwei Kandidaten, Oliver Wagner und Thomas Winkelmann. Beide leiten aktuell je eine Hälfte des künftigen Konglomerats.

Blöder Weise wolle man, so die FTD, beide nicht verprellen, denn beide seien sehr gute Mitarbeiter. Aber es gäbe eben nur einen Posten zu besetzen.

Wenn das Manager Magazin mit dem Machtkampf Dr. Franz / Spohr recht hatte, dann geht es wohl vorallem darum, wer ist wem näher und wer kann damit einen Etappensieg verbuchen.

Da bekommt das, was die FTD angeblich aus dem Munde eines Lufthansa-Managers über Herrn Winkelmann berichtet, eine sehr interessante Konnotation:

Der hat nicht immer nur die Konzernbrille auf

Ich finde, das spricht für ihn. Wenn er noch kritisch denkt, dürfte er anders als der Konzernvorstand noch merken, wie der aktuelle Vorstand durch äußerst ungeschickte Sparmaßnahmen Lufthansa vom Wettbewerb weiter überholen lässt. Vielleicht kann er dann sogar kundenfreundliche Entscheidungen treffen?

Wer auch immer die neue Tochter führt, aus Kundensicht zählt, daß anders als bei der aktuellen Germanwings-Kooperation die Stammkundschaft nicht benachteiligt wird, sondern die interne Teilung nach außen transparent ist. Bei Lufthansa Regional hat das mal ganz gut geklappt.

Dieses Herumgeeier, wie es aktuell mit Germanwings gemacht wird: „Für die durchführende Gesellschaft sind wir nicht verantwortlich“, ist einfach kundenfeindlich. Statuskunden, die auf der Strecke keine Wahlmöglichkeit haben, Nachteile zu bieten, auch.

Subventionen: Nur böse beim Wettbewerb?

Da lassen Dr. Franz und seine Vorstandskollegen keine Gelegenheit aus, über die bösen arabischen Wettbewerber zu schimpfen, weil sie ja angeblich subventioniert sind. Derweil berichtet die Financial Times Deutschland, daß man als Standort für den auszugliedernden Europaverkehr zusammen mit Germanwings Berlin im Fokus hätte.

Und das nicht etwa, um AirBerlin eins auszuwischen, weil man an deren neuen wichtigsten Drehkreuz auch stark präsent ist, sondern weil man – wie die Financial Times Deutschland schreibt – Staatshilfen „wittert“.

Ja, wie nun, Herr Dr. Franz: Einerseits ist es böse, wenn „die Araber“ angeblich Subventionen bekommen, andererseits machen Sie Ihre Standortwahl von staatlicher Förderung, also Subventionen abhängig?

Und wie geht es damit zusammen, daß es von Emirates eine Eigendarstellung gibt, derzufolge man keine Subventionen kassiere? Könnte Lufthansa auch so ein Papier ruhigen Gewissens verfassen?

Erst erzählen Sie, daß der Flug München-Singapore-Jakarta wegen der Entscheidung zum Bau der dritten Startbahn in München aus dem Winterflugplan gestrichen wurde. Dann behaupten Sie, Subventionen bekommen nur die Araber – und hätten dadurch einen Wettbewerbsvorteil.

Wie sollen Ihnen da die Öffentlichkeit, Ihre Aktionäre und Ihr Aufsichtsrat noch glauben können?

Betroffene der Meilenentwertung – Reaktionen

Wer ein Blog schreibt, bekommt E-Mails. Und so bekomme ich auch einige. Und das schon, seit die Geschichte meiner Klage das erste Mal in der FTD erwähnt war.

Was mich selbst überrascht hat: Keiner hat mein Vorgehen kritisiert, bisher wünschten mir alle viel Erfolg, viel Glück für mein Verfahren, haben sich bedankt, was ich durch mein Verfahren für andere Kunden leiste. Das geht natürlich runter wie Öl, so viel ist klar.

Es zeigt aber auch, wie unzufrieden wohl die Vielzahl der Kunden mit Lufthansa ist, wie verärgert man über die heimliche Meilenentwertung ist.

Für mich ein klares Indiz, daß Lufthansa Markenimage nicht erst durch mein Verfahren gelitten hat, sondern scheinbar schon länger am Kunden vorbei gearbeitet wird.

Interessant ist die Bandbreite der Reaktionen. Natürlich haben mich HON Circle Mitglieder, bezogen auf deren Gesamtzahl sogar unverhältnismäßig viele, angeschrieben, teilweise mit siebenstelligen Meilenkonten. Das ist natürlich für Lufthansa ganz fatal, denn die treuesten und besten Stammkunden sind sauer. Sie wollen ebenfalls gegen die Meilenentwertung klagen.

Das wäre in etwa so, wie ein Kunde der seit Jahren im gleichen Restaurant zweimal täglich ein Drei-Gänge-Menü verspeist und einmal anmerkt, daß das Fleisch nicht richtig durch ist. Was würde ein anständiger Gastwirt instinktiv machen? – Richtig. Den Gang neu servieren oder als Entschädigung einen Grappa auf’s Haus bringen oder für das nächste Mal die fünf Gänge zum Preis von drei versprechen. Jedenfalls sich entschuldigen und das Problem lösen.

Doch weit ab von HONs, es waren auch viele „Seltenflieger“ dabei. Gestern erst erreichte mich die E-Mails eines jungen Mannes, der jetzt über einige Jahre, dank Miles & More Kreditkarte vom Verfall befreit, 120.000 Meilen zusammengesammelt hat. Damit wollte er jetzt, ein Jobwechsel stand an, ein halbes Jahr Auszeit nehmen und nach Südamerika fliegen, natürlich in der Business Class auf der langen Strecke, um sich auch mal den Traum von einem Business Flug zu verwirklichen. Genau so, wie man sich das vorstellt, wenn eine Auszeit ansteht. Südostasien oder Fernost wären auch für die Meilen drin gewesen.

Jetzt braucht er deutlich mehr Meilen für den Flug. Damit ist sein Traum von Lufthansa zerplatzt worden. Hätte er das eher gewußt, hätte er sich die hohe Kreditkartengebühr bei Lufthansa gespart, die ihn vor dem Meilenverfall schützen sollte. Und ist jetzt enttäuscht und verärgert von Lufthansa.

Und so zieht sich der Ärger durch die Kundengruppen. Solche Enttäuschungen vergessen Kunden nicht.