Updates zur Tel Aviv-Strecke

Gestern hat Lufthansa intern den „Kundenmonolog“ informiert, wie mit der Verschlechterung des Angebots auf der Tel Aviv-Strecke umzugehen sei. Dabei wurde die Strecke von Interkontinental“gerät“ auf Kontinentalmaschinen umgestellt. Statt A330 gibt es Maschinen der A320er-Reihe, zusammen mit den als Campingstühlen bekannt gewordenen NEK-Sitzen. Ein deutliches Downgrade im Vergleich zur echten Business mit (fast) flachen Liegen auf der Langstrecke. Auch die First Class wurde dadurch abgeschafft.

Offensichtlich hat aber Lufthansa hier mitgelesen 😉 – denn die Anweisungen für die Service Center sind jetzt deutlich kundenfreundlicher: Die betroffenen Kunden würden proaktiv von Lufthansa kontaktiert und eine kostenlose Umbuchung auf Swiss auf der Strecke wäre möglich. Swiss fliegt innerhalb des Lufthansa-Konzerns noch mit echter Business nach Tel Aviv.

Auch andere Buchungsänderungen sind kostenlos möglich, denn die Umbuchung auf Swiss wird explizit als Beispiel in der internen Information genannt.

Gleichzeitig sollen die Preise nach Tel Aviv gesenkt worden sein, weil das Produkt ja nun anerkannt und auch von Lufthansa intern deutlich so kommuniziert erkennbar schlechter ist.

Anscheinend scheint Lufthansa langsam zu lernen, daß Vertragstreue nicht nur von ihr gegenüber den Kunden eingefordert werden kann, sondern auch die Kunden ein Recht darauf haben. Ich hoffe, daß auf diesen ersten Schritt noch ein paar weitere folgen.

Wie wäre es zum Beispiel mit Kulanz bei der Business-Buchungsklasse Z, die so klammheimlich im Schatten des Streiks bei vielen Partner-Airlines meilenmäßig entwertet wurde? Wenn da Lufthansa nicht wartet, bis die Kunden sich beschweren oder gar klagen, weil ihnen zu wenig gutgeschrieben wurde, sondern proaktiv auf sie zugänge, wäre das auch ein schönes Zeichen.

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Nächster Vertragsbruch bei Lufthansa?

Der Spiegel berichtet in seiner morgen erscheindenen Ausgabe (heute schon online erhältlich), daß Piloten 2004 bei der Gründung der Germanwings einem niedrigeren Gehalt zugestimmt hätten, als es bei Lufthansa üblich sei. Dafür allerdings habe sich Lufthansa verpflichtet, daß Germanwings nicht zu stark wächst und unabhängig von der Mutter operiere.

Mit der Unabhängigkeit ist es schon lange vorbei, seit nämlich Germanwings innerdeutsche Strecken von der Lufthansa übernommen hat und die Flugpläne koordiniert wurden. Und jetzt wächst auch Germanwings deutlich: Die noch bestehenden 32 Maschinen werden fast verdreifacht, auf 90 Flugzeuge.

Daraus folgert die Tarifkommission laut Spiegel nun richtig, daß somit auch die Grundlagen der abgesenkten Gehälter entfallen sein. Denn Ziel der Vereinbarung war ja, die Mitarbeiter der Lufthansa davor zu schützen, daß durch den Billigflieger Germanwings deren Arbeitsmarkt torpediert wird.

Lufthansa kennt den Tarifvertrag und weiß daher auch, daß diese Bedingung existiert.

Eine ähnliche Situation hatte Lufthansa schon 2008. Damals streikten die Piloten der Cityline, weil Lufthansa einen größeren Flieger dort einführen wollte. Bis dahin waren die Maschinen dort auf 70 Sitze limitiert, die neue Embraer hatte 115 Sitze. Auch hier war die Regelung zum Schutz der Mitarbeiter der „echten“ Lufthansa eingeführt worden, um so nicht durch die Hintertür billigere Cityline-Piloten die großen Jets fliegen zu lassen. Damit sollten die Arbeitsplätze gesichert werden.

Sicherlich ist die Beschaffung eines neueren, spritsparenderen, aus Passagiersicht deutlich komfortableren Jets als des dafür mittlerweile ausgestorbenen Jumbolino nachvollziehbar, nur auch da mußte man sich mit dem Tarifpartner einigen.

Auch heute müßte Lufthansa auf den Tarifpartner zugehen, den Dialog suchen und versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Zumal der Übergang des Europa-Verkehrs auf die Germanwings eben nicht nur durch eine technische Neuerung bedingt ist, sondern eine geplante, unternehmerische Entscheidung war.

Der Vorstand unterlässt das, wie schon bei der Meilenentwertung, die das erste Symptom der neuen Rücksichtlosigkeit und Vertragsuntreue war, und hofft darauf, mit Gewalt seine aggressiven Sparpläne durchsetzen zu können.

Wenn dann die Piloten wirklich streiken, kann man immer noch versuchen, ihnen durch geschickte PR den schwarzen Peter zuzuspielen und die Kunden dann nachher scheinbar entschädigen. Derweil versucht der Vorstand mit markigen Sprüchen und Imponiergehabe nach intern den Arbeitskampf als aussichtslos erscheinen zu lassen.

Wer so brutal agiert, steht entweder mit dem Rücken zur Wand und kann nicht mehr anders, oder aber hat gar kein Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit mit seinen Geschäftspartnern und kann sie daher alle düpieren.

Tatsachen schaffen während der Schlichtung

Lufthansa schafft – während der Schlichtung – neue Tatsachen mit Direct4U, wie Spiegel online gerade berichtet: So soll der ehemals mit einem eigenen Lufthansa-Tarifvertrag ausgestattete Standort Hamburg künftig wieder von Germanwings bedient werden.

Ist das der Versuch, schon während der Schlichtung Tatsachen zu schaffen?

Das wäre sehr unfein. Würde aber leider in das Bild passen, daß Lufthansa Fairneß und Loyalität zuletzt sehr einseitig zur ihren Gunsten sieht.

Der Umgang mit den Vielfliegern in letzter Zeit, der unnötige Streik – kann man mit so einem Unternehmen überhaupt noch Verträge schließen?

Alles rechtmäßig

Mein Verfahren scheint Lufthansa immerhin aufgeweckt zu haben, das zeigen die internen „Service-FAQ“ (Frequently Asked Questions), die zur Schulung der Mitarbeiter an die Customer Service Center verschickt wurden.

Dort heißt es an mehreren Stellen zu den Verschlechterungen:

Die Änderungen werden mit einem fast sechsmonatigen Vorlauf angekündigt und geben damit jedem Kunden die Möglichkeit, sich darauf einzustellen. Weiterhin kann Miles & More den Leistungsumfang betreffende Punkte gemäß der Teilnahmebedingungen jederzeit ändern.

Den Versuch ist es wert, die Kunden damit zu beeindrucken. Auch Jamba hat das bei an beschränkt Geschäftsfähige verkauften Klingelton-Abos probiert, obwohl auch die Lektüre des Gesetzestextes, in dem Fall §110 BGB, das Gegenteil sagte.

Bis ein Vertrag geschlossen ist, ist alles, was angeboten ist, freiwillig. Da können beide Vertragsparteien frei entscheiden, wie der Vertrag ausgestaltet sein soll. Also zum Beispiel, ob es pro Flug Meilen gibt oder man nach 100 Flügen einen 68er Shelby GT500 Convertible erhält. Das ist alles Verhandlungssache. Auch wieviel Gepäck ich für meinen Ticketpreis mitnehmen darf, welche Lounge mir zugedacht ist und wo und wie ich einchecken kann.

Daß Lufthansa da nicht für jeden Kunden neue Regeln trifft, sondern standardisierte Angebote macht, ist eine praktische Erfordernis. Es wäre ja auch ein bißchen aufwendig, vielleicht mögen manche lieber einen Fiat 500 Abarth statt des Shelby.

Herr Dr. Franz, als Manager fordern Sie wirtschaftliches Handeln. Sie schließen also auch nur Verträge, die für Sie insgesamt günstig sind und berücksichtigen dabei alle Bedingungen. So machen das auch ihre Kunden, weshalb auch heute weniger bei Ihnen gekauft wird.

Wenn Sie einen Vertrag schließen, pochen Sie auf Erfüllung. Das beginnt bei Umbuchungen von Flügen und reicht bis zum Schadenersatz am Flughafen Berlin Brandenburg International, „Willy Brandschutz“.

Genau diesen Erfüllungsanspruch haben Ihre Kunden auch. Dazu gehören die versprochenen Meilen pro Flug, alle sonstigen versprochenen Konditionen und vorallem natürlich auch die versprochenen Rabattleistungen.

So wenig wie Sie wollen, daß Ihre Vertragspartner einen Vertrag zu Ihrem Nachteil einseitig ändern, so wenig dürfen Sie das.

Da hilft auch die Behauptung in den FAQ nichts. 6 Monate hin oder her machen den Unterschied: Tickets werden bis zu 12 Monate vorher verkauft, also brauchen Sie eine Übergangsregelung, die „Altkunden“ zu alten Konditionen bedient, oder organisatorisch einfachere 12 statt 6 Monate Übergangsfrist.

Meilen sind ohne Status drei Jahre gültig, mit Status wie früher Upgradevoucher unendlich – also brauchen Sie mindestens drei Jahre Übergangsfrist, um nicht in bestehende Verträge einzugreifen.

Natürlich kann man bestehende Verträge ändern, das ist im Leben oft nötig. Dazu muß man sich aber einigen und einen Änderungsvertrag schließen. So eine Einigung können Sie erleichtern. Bei der Befristung der Upgradevoucher hat das Ihr Vorgänger, Herr Mayrhuber, ganz gut hinbekommen. Der Übergang erschien wohl allen Betroffenen lang genug, um die Änderung akzeptabel zu finden.

Da fruchtet auch der Verweis auf die AGB auch nicht: Einseitige, rückwirkende Vertragsveränderungen bekommen Sie darüber nicht durch. Das „AGB-Gesetz“, das ins BGB gewandert ist, macht Ihnen da einen dicken Strich durch die Rechnung. Eingeführt werden mußte dieses Gesetz übrigens wegen rücksichtsloser Unternehmer, die versucht haben, die Kunden über unfaire Bedingungen auszutricksen.

Ist es Ihnen nicht unangenehm, Herr Dr. Franz, von genau so einem Schutzgesetz in die Schranken gewiesen und damit auf die Stufe der Austricks- und Abzockunternehmer gestellt zu werden?

Warum verhalten Sie sich nicht einfach fair und anständig? Angemessene Fristen, angemessene Kommunikation und ggf. angemessene Kompensation statt falscher „Rechtsauskunft“? Wollen Sie dauernd von den Gerichten eins auf die Nase bekommen? Und die Kunden noch mehr verprellen?

Wochenrückblick

Die letzte Woche im gewohnten Überblick:

Es ging mal wieder um aggressives Sparen, diesmal beim Projekt „Arzt an Bord“. Wieder eine Sparmaßnahme, die im Ergebnis wahrscheinlich mehr kostet, als Lufthansa durch sie einsparen wird.

Die Notwendigkeit zu sparen erklärten Dr. Franz und Carsten Spohr in einem offenen Brief an die Mitarbeiter. Dort stand auch drinnen, daß der Wettbewerb Lufthansa teils schon überholt hat und die Ergebnisse für die geplanten Investitionen schwerlich ausreichen. Beides keine überraschenden Erkenntnisse, wenn man sich Lufthansas Verhalten die letzten Monate kritisch angeschaut hat.

Ebenso mißlich wie die Kommunikation per „offenem Brief“ ist der Umgang mit Subventionen: Sollen „die Araber“ welche bekommen, werden sie dafür verdammt, geht es um Lufthansa selbst, sind sie standortentscheidend. Das der Vorstand gerne den eigenen Vorteil sieht, zeigt auch die Lufthansa Definition von Rechtssicherheit und der Umgang mit Schadenersatzforderungen am Berlin Brandenburg International.

Da ist es wenig erstaunlich, daß Meinungsvielfalt im Lufthansa-Vorstand nur auf dem geduldigen Papier des Exclusiv-Magazins zu existieren scheint. Lieber wirft man einen Unternehmensberater raus, als seine Kritik zu hören.

Dabei sind Unternehmensberater jobbedingt auch Kunden. Und kennen das Produkt, Service und Preis. Doppeltes Wissen, das praktisch zu nutzen wäre.

Schade, daß der Lufthansa-Vorstand Kritik nicht als eine Chance sieht und sie nutzt.

Vertragstreue und Loyalität

Am Flughafen Berlin-Brandenburg International „Willy-Brandschutz“ läuft es nicht nach Plan. Der Brandschutz klemmt. Das führt zu einer Verzögerung. Möglicher Weise sind dadurch die Verträge zwischen den verschiedenen Airlines und der Betreibergesellschaft nicht erfüllt.

Lufthansa droht mit Schadensersatzklagen. Völlig normal und nachvollziehbar.

Aber: Wenn ein Kunde klagt, weil Lufthansa offenkundig rechtswidrig einen bestehenden Vertrag einseitig verschlechtert, noch dazu ohne angemessene Übergangsfrist, die dann auch noch möglicher Weise strafbar künstlich verknappt wurde, dann heißt es, daß solche Änderungen unumgänglich sind.

Heißt das, für Lufthansa gilt Vertragstreue nur, wenn sie zu Lufthansas Gunsten ist? Im einen Verfahren auf Vertragstreue pochen, im anderen Vertragsbrüchigkeit als notwendiges Übel deklarieren?