Augsburg Airways gekündigt

Nach Contact Air hat Lufthansa nun dem zweiten Lufthansa Regional Partner, Augsburg Airways, gekündigt. Contact Air ist mit diesem Winterflugplan raus, Augsburg Airways folgt nächstes Jahr.

Augsburg Airways hat für Lufthansa Regional Flüge im Wesentlichen von und nach München zu kleineren Flughäfen in Europa durchgeführt, wie London City, Basel oder Bern.

Von Contact Air haben mich ehemalige Mitarbeiter vor einiger Zeit kontaktiert und mir unter anderem deren Korrespondenz mit Lufthansa, insbesondere dem Vorstandsvorsitzenden Dr. Franz, zukommen lassen.

Die Argumentationen gleichen sich: Sowohl Contact Air als auch jetzt Augsburg Airways behaupten von sich in Kundenbefragungen stets überdurchschnittlich hohe Zufriedenheitswerte erreicht zu haben und gleichzeitig kostengünstiger als Lufthansa selbst angeboten zu haben.

Ich kann mit den Unterlagen, die mir vorliegen, zwar weder die eine noch die andere Behauptung überprüfen, doch ich kann mir überlegen, wie plausibel sie mir erscheinen.

In Bezug auf Kundenzufriedenheit spielen viele Parameter hinein, das reicht von der Vorfeld- oder Fingerposition über die Freundlichkeit der Mitarbeiter, die Qualität der Snacks bis hin zu Campingstühlen oder bequemen Sitzen. Mich nerven Vorfeldpositionen, dafür bevorzuge ich bequeme Stühle. Anderen mag es anders gehen.

Ergänzend liegen mir auch – leider geschwärzte und somit nicht überprüfbare – Anschreiben von Firmen vor, die aufgrund der Contact Air Kündigung ankündigten, ihr Kaufverhalten bei Lufthansa zu ändern und damit ihre Unzufriedenheit mit der Änderung kommunizieren.

Die Zahlen sind interessanter. Lufthansa hat drei mögliche Gründe, andere Airlines, wie Contact Air oder Augsburg Airways zu beauftragen, in ihrem Namen zu fliegen:

  • Lufthansa hat selbst die Kapazitäten nicht
  • Der externe Anbieter bietet insgesamt einen günstigeren Vertrag, als es kosten würde, die Leistung selbst zu erbringen
  • Die Flexibilität ist höher, weil keine eigenen Mitarbeiter gekündigt werden müßten, sondern nur einem Vertragspartner

Die Theorie der fehlenden eigenen Kapazitäten halte ich für weniger plausibel: Der Cityline noch ein paar Embraer-Jets zu kaufen, es ging bei Contact Air um 8 Fokker 100 und bei Augsburg Airways um insgesamt 15 Maschinen, ist nicht so teuer, daß es sich Lufthansa nicht leisten könnte. Die Betriebskosten dürften mehr ausmachen, aber für die und die Abschreibungen zahlt Lufthansa den Vertragspartner. Gegen die Theorie spricht auch die Dauer der Kooperation von knapp 20 Jahren.

Hier wäre also eine Kostenersparnis ein sinnvolles Argument der Auslagerung.

Andererseits könnten geringfügig höhere Kosten tolerabel gewesen sein, wenn man sie als „Flexibilitätsversicherungsprämie“ ansieht: Die Kündigung eigener Mitarbeiter ist wenig werbewirksam, mit hohen Nebenkosten verbunden, die Trennung von einem Partner lässt sich immer medienwirksam mit einer „Vereinheitlichung der Flotte und Servicestandards“ – egal auf welchem Niveau – verkaufen.

Da aber weder Contact Air noch Augsburg Airways nach meinen Informationen unter der Kooperation mit Lufthansa finanziell gelitten haben, wurde dort wohl mindestens kostendeckend gewirtschaftet. Wenn man annimmt, daß Lufthansa für einen „Auftragsflieger“ selbst unter Annahme der „Versicherungsleistung“ nicht bereit ist, wesentlich mehr zu zahlen als für eigene Leistungen, ist es plausibel anzunehmen, daß Augsburg Airways und Contact Air zu günstigeren Bedingungen produzieren konnten als Lufthansa selbst.

Ob Germanwings die Strecken wiederum kostengünstiger übernehmen kann, ist schwer vorherzusagen. Contact Air Mitarbeiter vermuten, daß das unmöglich wäre.

In jedem Fall werden wohl Germanwings und Lufthansa mit ihren verbleibenden Vertragspartnern nicht mehr alle Strecken bedienen können, einige Streichungen gab es bereits. Durch eine Reduktion des Angebotes lässt sich natürlich eine Steigerung des „Sitzladefaktors“ bei gleichen oder sogar ebenfalls, nur geringer sinkenden Verkaufszahlen erreichen, ein Ergebnis mit dem Lufthansa derzeit versucht die Analysten zu beeindrucken.

Wenn die verbleibenden Sitzplätze dann auch noch zu Kampfpreisen verkauft werden, kann so der Ertrag trotz steigender Auslastung sinken.

Ich bin gespannt, was mit Augsburg Airways passiert. Für die Ostfriesische Lufttransport (OLT) dürfte sie ein etwas zu großer Happen sein, um wie Contact Air dort Unterschlupf zu finden. Für AirBerlin und Etihad dagegen könnte der Regionalflieger durchaus nützlich sein. Oder gar für Emirates, um innerdeutsche Zubringerflüge zu ihren Flughäfen organisieren zu können. Dann hätten die „bösen Araber“ gewonnen.

Werbung

Post vom Passage-Vorstand

Gestern kam bei mir ein als Info-Post frankierter Brief der Lufthansa an – eine von vielen Werbesendungen. Denn erstaunlicher Weise scheint es sich in die Werbeabteilung noch nicht herumgesprochen zu haben, warum ich nicht mehr Lufthansa fliege.

Doch der Brief gestern war von Herrn Spohr – zumindest mit seiner kopierten Unterschrift und seinem Namen darunter, allerdings nicht von seinem Büro versandt, sondern der „Abteilung“ „Produktoffensive 2012“. Laut dem Brief nutze er die Eröffnung des Flugsteigs A-Plus in Frankfurt, um aufzuzeigen, wie nicht nur der neue Flugsteig sondern allgemein Lufthansa das Reiseerlebnis verbessern könne.

Kurz, so wie ich die Verschlechterungen liste, listet er die Verbesserungen.

Ein Reiseerlebnis auf höchstem Niveau zu gestalten ist für uns Verpflichtung und Antrieb

Nun hat jeder andere Vorstellungen von höchstem Niveau, ich möchte gar nicht zweifeln, daß die aktuellen 747-8 und A380 das höchste technische Niveau erreicht haben. Doch viele Kunden sind ja weniger Flugzeugenthusiasten als Komfortsucher. Und da gab es ja nicht nur bei den NEK-Campingstühlen in Europa sondern auch der neuen Füßel-Business-Class erhebliche Zweifel, ob die wirlich das höchste Komfortniveau bringen. Der Australian Business Traveller brachte gerade heute einen Business-Class-Vergleich, wer objektiv nachlesen will.

Lufthansa wolle die ganze Flotte auf einen einheitlichen Kabinenstandard bestehend aus Economy mit Inseat-Entertainment auf der Langstrecke, der neuen Business und neuen First bringen, so das Schreiben weiter. 70% der Langstrecken würden auch weiter mit der First Class bedient, nur 30% in 2-Klassen-Konfiguration. Damit tritt Lufthansa dem Gerücht entgegen, die First Class abzuschaffen, das sie im April selbst durch ungeschickte Kommunikation in die Welt gesetzt hat.

Es wäre interessant zu wissen, ob Strecken wie Frankfurt-Tel Aviv, die jetzt auf A321 umgestellt wurde, auch zu diesen reduzierten First Class Strecken gehört – oder elegant rausgerechnet wurden.

Weiter heißt es: Ende des Jahres sollen 90% der Interkontinentalflotte mit FlyNet ausgerüstet werden. Offensichtlich machen die A380 weniger als 10% der Interkontinentalflotte aus, denn für die ist FlyNet erst 2013 geplant.

Das neue Priority-Boarding für Business-Passagiere, Senatoren und HON Circle-Mitglieder in Europa wird als Vorteil gepriesen. Dem kann ich auch mal zustimmen, denn das löst tatsächlich manche Probleme. Auch wenn der Vorteil wohl aus der Not geboren wurde, daß die Business-Class-Gepäckfächer meist durch Economy-Handgepäck überfüllt wurden und die durch die NEK weggefallene Garderobe auch kein Ausweichstauraum mehr existiert.

Vorsichtshalber ist aber mit keinem Wort erwähnt, ob es diese Vorteile bei Germanwings auch geben wird, die ja bald fast den gesamten Europa-Verkehr übernimmt.

Etwas zynisch finde ich den Vorteil des automatischen Check-Ins und die Option meine Gepäckanhänger selbst drucken zu können. Das war ja eigentlich die letzte Gelegenheit, wo ich überhaupt noch mit dem Bodenservice in Kontakt gekommen bin – der laut Carsten Spohr herausragend sein soll:

Allen voran sind es aber natürlich unsere Mitarbeiter, die den Kern unseres Markenversprechens bilden. Als perfekt ausgebildete Gastgeber sind sie an Bord und am Boden stets für Sie da – für Ihre Sicherheit und einen hochwertigen und zugleich charmanten Service.

Da frage ich mich dann schon, wie das mit dem aktuellen Tarifkonflikt, der in einen teuren und sinnlosen Streik mündete, und dem Kampf um jeden Cent auf dem Rücken der Mitarbeiter zusammenpasst.

In einem Werbebrief natürlich keine Erwähnung finden die diversen Verschlechterungen, die Lufthansa seit 2010 eingeführt hat – von gestrichenen HON Circle Meilen in der Economy über weggefallene innereuropäische Business Class bis zur Entwertung der Upgradevoucher und der Meilen. Wer die Sammlung nachlesen will – ich hatte sie neulich schon zusammengefasst.

Herr Spohr, Sie wissen doch vermutlich auch – ich nehme an, Dr. Franz hat Ihnen das erzählt -, was mich so verärgert hat, daß ich nicht mehr mit Lufthansa fliege: Das ist der Kundenumgang, der ewige Kampf gegen den Kunden, der sich in vielen Verfahren äußert. Ich habe diese Woche zum Beispiel die unzulässige AGB-Klausel zum Meilenverfall bei fristloser Kündigung und die Flugverspätungen aufgezeigt, immer wieder schon auf ihren wenig kulanten Kundenservice hingewiesen, der statt insgesamt günstigerer Kulanz lieber die Kunden mit Textbausteinen in die Wüste schickt. In die Wüste, in der die bösen Araber schon darauf warten, Ihre Kunden zu übernehmen.

Ich freue mich ja, daß langsam für Lufthansa die Kunden wieder relevant werden und Sie immerhin den Kontakt wieder versuchen herzustellen. Denn Ihre Kunden hätten Sie aus – möglicher Weise irrationaler – Loyalität auch während der jetzt anstehenden Investionsphase in neue Produkte unterstützt, die Umstrukturierungen mitgetragen, hätte Ihr Vorstandsvorsitzender sie nicht so vor den Kopf gestossen. Jetzt müssen Sie investieren und neue Kunden suchen, während obendrein auch die loyalen Mitarbeiter verärgert sind.

Das Schreiben ist sicher ein erster Schritt. Jetzt wäre es schön, wenn Sie auch einige Verschlechterungen wieder zurückrollten oder kompensierten: Zum Beispiel die Upgradevoucher-Entwertung. Und eine kulante Lösung für die Meilenentwertung – bevor Sie am 20.11. das OLG Köln dazu verdonnert. Als Pilot müßten Sie ja ein Mann der Tat und nicht der Worte sein. Ich bin mir sicher, Ihre Kunden würden das Signal verstehen und Ihnen dann auch (wieder) eine Chance geben. Falls Ihr Vorstandsvorsitzender Dr. Franz da mitspielt, der ja bisher eher ablehnend war.

Wochenrückblick

Ihnen ist sicher aufgefallen, daß dieser Wochenrückblickschon wieder“ verspätet ist. Diesmal war keine eilige Meldung schuld, sondern ein hinterhältiger Virus, der es durch meine „Bio-Firewall“ geschafft hat und mich flachgelegt hat. Manchmal sind ja Hinderungsgründe ganz profan. Dabei lohnt sich der Rückblick diese Woche.

Denn nachdem der Spiegel letzten Sonntag bekannt gab, daß Lufthansa für Germanwings einen Tarifvertrag ausgehandelt hatte, der nur dann günstigere Gehälter vorsieht, wenn Germanwings weder zu schnell wächst noch das Geschäft von Lufthansa übernimmt, und demzufolge die Piloten dort jetzt eine Gehaltsangleichung auf Lufthansa-Niveau forderten, dauerte es nicht lange, bis Dr. Franz losdrohte: Machten die Mitarbeiter nicht mit, würde er Germanwings schließen. Das ist ein argumentatives Eigentor, daß ihn jetzt in eine völlig unnötige Drucksituation gebracht hat.

Genauso wie sein Umgang mit den Arabern: Dauernd schimpft er auf die „bösen Araber“ mit ihren angeblichen Subventionen, um dann, als Qatar der OneWorld beitritt überraschend seinen Mitarbeitern zu erklären, für Verhandlungen mit Partnern in der Golf-Region müsse man erst auf Augenhöhe kommen. Eine Augenhöhe, von der sich Lufthansa durch die aktuellen Sparmaßnahmen immer weiter entfernt – in Richtung Hühneraugen.

Und weil Dr. Franz anscheinend gerne alle zum Feind hat, Mitarbeiter, Kunden, Vertriebspartner und Aktionäre sowie Kreditgeber waren ja bislang seine Hauptzielgruppe, hat er laut dem Qatar Airways CEO Akbar Al Baker durch sein ewiges Gewetter gegen die bösen Golfairlines auch da die Stimmung schon so vergiftet, daß eine Allianz mit Lufthansa undenkbar wurde.

Doch an der Führung kann es nicht liegen, daß es Lufthansa schlecht geht. Denn traut man Dr. Franz, sind alle Probleme von außen verursacht. Die anderen sind schuld. Ausgerechnet noch ein Beispiel für Denkfehler aus dem von ihm empfohlenen Buch „Die Kunst des klaren Denkens“ von Rolf Dobelli. Hätte er es nur mal selbst gelesen, bevor er es empfohlen hat.

Die sind auch schuld daran, daß Lufthansa nicht profitabel arbeitet. Dabei beschwert sich AirBerlin-Chef Mehdorn begründet, daß Lufthansa ihre marktbeherrschende Stellung mißbrauche und auf Monopolstrecken Höchstpreise verlange, auf Wettbewerbsstrecken über einen Preiskampf den Wettbewerb jedoch gewaltsam verdränge. Wer aber Preiskampf betreibt, darf sich nicht über niedrigen Ertrag wundern. Und vorallem dafür nicht das Gehalt der Mitarbeiter als Schuldigen ausmachen.

Die angekündigten Sparmaßnahmen sind auch inkonsistent: Jetzt bekommt Austrian Airlines neue Business-Sitze, wieder ein anderes Modell als die Lufthansa hat. Auch setzt die Cargo eine andere Flotte ein, als die Passage. Sparen durch Vereinheitlichung sei der Plan. Nur davon merkt man als Beobachter wenig, vielmehr sehe ich widersprüchliches Handeln. Solche Teilsparmaßnahmen mit Gesamtmehrkosten hatte ich neulich schon in Verdacht, als die Cargo neu nach Tel Aviv flog – nachdem vorher die Passage zur Spritersparnis auf kleinere Maschinen mit geringerer Zuladung umgestellt hatte. Und tatsächlich: Interne Quellen haben meine Mutmaßung bestätigt, die Cargo MD-11F muß die Fracht mitnehmen, die der Passage A321 stehen hat lassen.

Neben fehlenden Visionen auch noch fehlende innere Logik. Und der Aufsichtsrat sitzt und schweigt, wie es scheint.

Nächste Woche will ich dann, so nichts unvorhergesehenes passiert, wieder etwas mehr zurück in Richtung Kundenumgang. Da sind mir ein paar ganz interessante Urteile über den Weg gelaufen.

Die anderen sind schuld…

Wer als Vorstandsvorsitzender einen Management-Ratgeber (Rolf Dobelli, Die Kunst des klaren Denkens, Hanser, 2012) mit lobenden Worten empfiehlt, riskiert, daß seine Entscheidungen mit dessen Empfehlungen abgeglichen werden.

Doch kommt bei mir immer wieder der Eindruck auf, daß Dr. Franz‘ Hauptempfehlung wohl mit dem Refrain „“Do as I say, but don’t do as I do“ des schon einmal von mir zitierten Genesis Song „Jesus, he knows me“ zusammengefasst werden könnte.

Denn in Dr. Franz‘ Buchempfehlung beschreibt der Autor Rolf Dobelli die „Self-Serving Bias. Warum Sie nie selber schuld sind“ (S. 184ff). Klappt etwas nicht, sind es immer die äußeren Einflüsse:

Hat die Firma hingegen ein schlechtes Jahr hinter sich, so ist der starke Euro schuld, die Bundesregierung, die hinterlistigen Handelspraktiken der Chinesen, die versteckten Zölle der Amerikaner, überhaupt die verhaltene Konsumentenstimmung.

Jetzt ersetze man „Chinesen“ durch „Araber“ und „Billigflieger„, die versteckte Zölle durch „Emissionshandel“, „Treibstoffkosten“ und „Luftverkehrssteuer“, dann ist die Erklärung von Dr. Franz für die schlechte Situation der Lufthansa fertig. Und die wiederholt er schon lange, zuletzt im Handelsblatt:

hohe Treibstoffpreise, die ungünstige Konjunkturentwicklung, die Eurokrise aber auch hohe Gebühren und Materialkosten

Dr. Franz will auf Augenhöhe kommen

Da tritt Qatar der OneWorld bei, Etihad stemmt sich mit beiden Beinen fest in den europäischen Markt und Emirates kooperiert mit Qantas, da blieb auch Dr. Franz nichts anderes übrig, als beim Treffen mit Mitarbeitern in Frankfurt auf Nachfrage, ob eine Partnerschaft mit den „bösen Arabern“, auf die er sonst schimpft, denkbar sei, eine nichtssagende Antwort zu geben. Im Prinzip natürlich schon, aber… Radio Eriwan hätte seine Freude gehabt.

Die Hauspostille Lufthanseat 1441 zitiert ihn wie folgt:

Wenn man überhaupt solche Gespräche führt, dann braucht man Augenhöhe mit dem Verhandlungspartner. Dafür muss man erstmal das eigenes [Schreibfehler im Original, Anm. T.E.] Haus in Ordnung bringen.

Der erste Satz lässt noch Raum: Sieht Lufthansa sich ober- oder unterhalb der Augenhöhe der Araber? Eigentlich, so würde man meinen, müßte Dr. Franz der Ansicht sein, besser zu sein. Andererseits wird das Angebot zunehmend verschlechtert, zuletzt durch den Business-Class freien Billigflieger Germanwings. So senkt man natürlich das eigene Niveau ab – und könnte sich auf die vermeintlich niedrigere Augenhöhe der „bösen Araber“ herabgesenkt haben.

Doch der zweite Satz macht diese Hoffnung zunichte. Dr. Franz weiß, daß er von unten hochschaut. Er muß also kräftig klettern, um überhaupt Augenhöhe zu erreichen. Deshalb muß er erst das eigene Haus in Ordnung bringen.

Das ist schon die zweite Aussage des Vorstandsvorsitzenden, die zeigt, für wie heruntergewirtschaftet er Lufthansa hält. Erst kürzlich schrieb er in einem offenen Brief an die Mitarbeiter:

[…] um unseren Passagieren ein überzeugendes Produkterlebnis zu bieten, das dem Qualitätsanspruch der Marke Lufthansa gerecht wird. Wir wissen, dass dies in den vergangenen Jahren nicht immer überzeugend der Fall war. Und unsere Wettbewerber haben aufgeholt und seien wir ehrlich: An einigen Stellen haben sie uns zumindest eingeholt.

Mindestens eingeholt – eher überholt. Das klingt nicht nach Augenhöhe mit den Emirates oder Etihad. Eher nach Augenhöhe mit RyanAir. Mit dem Unterschied, daß RyanAir kein umstrittenes Meisterkreis-Mitglied ist, sondern anerkannter Billigstflieger.

Ist die Zukunft von Lufthansa eine Partnerschaft mit RyanAir und Easyjet? Ist das die Augenhöhe, auf die Dr. Franz hinarbeitet?

Wochenrückblick und Pressestimmen

Diesmal möchte ich den Wochenrückblick mal kombinieren mit Pressemeldungen zu Lufthansas Coup während der Schlichtung Tatsachen zu schaffen, indem für den Flughafen Hamburg Germanwings eingeführt wurde und gleichzeitig am Donnerstag in einem eilig und kurzfristig einberufenen Pressegespräch der Name der geplanten Billigtochter „Direct4U“ verkündet wurde.

Das Handelsblatt fasst das im Titel treffend zusammen: „Germanwings heißt jetzt Germanwings“, der Name bliebe gleich, sonst jedoch soll alles anders werden – das Marketing arbeitet auf Hochtouren, wie Horizont.net berichtet. Also gerade nicht, „Aus Raider wird Twix, sonst ändert sich nix“.

Daß aus Kundensicht der Übergang des Europa-Verkehrs auf Germanwings kaum Glücksgefühle hervorruft war schon öfter mein Thema. Viel dreister erscheint es mir dennoch, mitten in der Schlichtung, in der es auch um Direct4U gehen soll, den Gesprächs- und Verhandlungspartner so dermaßen zu überfahren. Das ist meiner Meinung nach unanständig.

So wird auch im oben genannten Handelsblatt-Artikel Nicoley Baublies, der Vorsitzender Flugbegleitergewerkschaft Ufo zitiert:

Die Unternehmensführung um Chef Christoph Franz suche offenbar die Konfrontation mit der Belegschaft in der Kabine wie auch am Boden.

Das Traurige ist, daß Konfrontation der Managementstil zu sein scheint: Nicht nur mit den Mitarbeitern, sondern auch mit den Kunden sucht Dr. Franz den Konflikt. Denen nimmt er nun nach ihren Meilen in der neuen Germanwings die innereuropäische Business Class und reduziert somit durch vernichtete Sammelmöglichkeiten den HON Circle.

Dem Vertriebspartner Reisebüros ging es auch schon an den Kragen. Wo man hinsieht, verbrannte Erde.

Denn auch die Piloten sind verschnupft, deren Gewerkschaft Vereinigung Cockpit wartet gespannt auf Vorschläge der Geschäftsführung, wie es für 300 Lufthansa-Piloten, die nun bei Germanwings gebraucht würden, weitergehen soll.

Auch hier haut – natürlich rein zufällig zur gleichen Zeit – Lufthansa einen Pflock in den Boden: Die Pilotenausbildung wird wegen Pilotenüberschuß 2013 ausgesetzt.

Zusammen mit der Ankündigung, wegen nicht erreichter Wachstumsziele bei Lufthansa massiv Stellen abbauen zu müssen, ist das in einer Schlichtung und dem aufziehenden Tarifgespräch mit der Vereinigung Cockpit wie Nicoley Baublies im Spiegel treffend sagte, zusätzliches Erpressungspotential. Im Berliner Tagesspiegel stellt er klar:

Man sei bereit, für jeden einzelnen Job, den die Lufthansa „durch Erpressung oder Änderungskündigung“ infrage stelle, auf die Straße zu gehen

Ich bin erstmal gespannt, ob Professor Rürup, der Zweitgutachter der Dissertation von Dr. Franz und der Schlichter im Tarifkonflikt mit den Flugbegleitern, sich das gefallen lassen wird.

Nicoley Baublies sagte in der Welt sehr deutlich:

Die Schlichtung könnte daran scheitern

Und Dr. Franz bleibt bei seinem Reisekatalog- und Immobilienmaklerdeutsch:

Die Mitarbeiter von Germanwings bekommen immer noch besser dotierte Verträge als bei Konkurrenten wie Easyjet oder Air Berlin.

Für mich hat das die Logik eines Gammelfleischanbieters, der als Schutzbehauptung auf den Hunger in der Welt hinweist. Falls Ihnen in der Schlichtung die Bezugspunkte ausgehen, Herr Dr. Franz: Hartz IV-Empfänger bekommen auch noch weniger.

Dabei lässt Dr. Franz in der Hauspostille Lufthanseat sich sogar zitieren:

Wir haben die besten Mitarbeiter der Branche – um diese Qualität werden wir in der gesamten Industrie beneidet

Qualität hat nun mal ihren Preis. Wenn nach ihren eigenen Worten die Lufthansa Mitarbeiter besser sein sollen, als alle anderen in der Banche, dann sind sie auch besser als die von AirBerlin und Easyjet. Also haben sie auch einen höheren Preis.

Und auf den Service kommt es an, wie die Frankfurter Rundschau richtig feststellt.

Wenn man gerade mal die Kosten des Streiks gegenrechnet, erscheint mir das ganze Vorgehen unökonomisch. Zumal, wenn jetzt auch noch die Schlichtung platzt und weitere Streiks drohen.

Die Rücksichtslosigkeit und das Verprellen aller Beteiligten ist ein Verhaltensmuster, das sich wiederholt. Nur wird es im Tarifkonflikt durch die Vielzahl der Betroffenen und die heftige Auswirkung „Streik“ wesentlich öffentlicher. Deswegen solidarisieren sich jetzt gerade die, die sich nicht solidarisieren hätten sollen: Die Kunden und die Mitarbeiter. Und diese Unterstützung will Lufthansa wohl spalten, deshalb bekamen nach dem letzten Streik die Kunden einen 20 € Gutschein. Nach dem Motto: „Seht her, wir können nichts dafür.“

Ob diese Täuschung reicht?

Schließlich sind – und damit geht es zurück zum eigentlich Wochenrückblick – die Kunden alles andere als zufrieden. Auch wenn Dr. Franz gerne etwas anderes behauptet.

Diese unzufriedenen Kunden wandern ab. Und da bieten sich gerade die „bösen“ Golf-Carrier an. Qatar tritt der OneWorld bei, Etihad ist Anteilseigner der AirBerlin und wie AirBerlin Codeshare-Partner von AirFrance, Emirates ist mit der Qantas-Kooperation ein Volltreffer gelungen. Man munkelt gar, daß Qatar Airways und British Airways kooperieren wollen, um so das weggefallene Joint Venture von BA mit Qantas nach Australien zu kompensieren.

Da entsteht der Eindruck, als hätten die „bösen Araber“ noch Visionen. Visionen allerdings hält Dr. Franz für krankhaft. Da würde er eher einen Arzt aufsuchen, anstatt Zukunftsaussichten für Lufthansa zu entwickeln.

Schon wieder… Die bösen Araber!

Und es ist schon wieder passiert, die bösen Araber greifen die Lufthansa an. Jetzt tritt Qatar Airways der OneWorld bei. Nachdem vor rund einem Jahr die Kooperation mit Miles&More beendet wurde.

Emirates ist kürzlich durch die Kooperation mit Qantas dichter an OneWorld herangerutscht. Damit gibt es jetzt „One-Stop“-Verbindungen aus Hamburg, Düsseldorf, München und Frankfurt nach Australien, in einer Business Class mit Fußraum.

Und dann ist ja Etihad noch über AirBerlin an OneWorld herangerutscht.

Emirates kauft auch schon die Lufthansa-Manager ein: Nach Antinori ist jetzt auch Hubert Frach, der ehemalige Marketing-Chef, im Golf gelandet. Bei den bösen Arabern.

Und dann erhöht Emirates noch – trotz Wirtschaftskrise und all den Widrigkeitenin Deutschland den Umsatz um 21%, bei Geschäftskunden sogar um 40%.

Und dann erzählt Dr. Franz, die Kunden der Lufthansa wären zufrieden? Wieso gehen sie dann?

Herr Dr. Franz, wollen Sie Lufthansas Insolvenzverwalter werden?

Lufthansa-Vorstand weiter ohne Strategie

Schon zur Hauptversammlung mußte Dr. Franz zugeben, daß Lufthansa ohne Strategie auskommen muß. Statt Zielen, daraus abgeleiteten Strategien und deren operativen Umsatz in einer Taktik, gab er die operativ-hektische Parole aus, auf den Markt zu reagieren.

Und so irrt Lufthansa ziellos durch SCORE. Das Handelsblatt nannte das auf der Titelseite den „Irrflug der Lufthansa“ und zerlegte die fehlende Weitsicht auf vielen Seiten. Auch das Manager Magazin schlug in diese Kerbe. Aber anscheinend hat der Aufsichtsrat den Vorstandsvorsitzenden noch nicht ins Gebet genommen, denn letzten Donnerstag, vor dem Streik, erklärte Dr. Franz Marietta Slomka, der deutlich anzumerken war, wie sie unter den schlechten Antworten litt, im Heute Journal seine „Strategie“.

Da holte er weit aus, beschrieb, wie schwierig der Markt doch dank Wettbewerb, insbesondere natürlich den schlimmen Billigfliegern und den bösen, bösen Arabern sowie der hohen Ölpreise sei.

Herr Dr. Franz, das ist eine Lagebeschreibung, aber keine Strategie. Auch ihre folgenden Worte taugen nicht dazu:

Wir müssen das Unternehmen zukunftsfähig aufstellen, sonst kommen wir in einen Schrumpfprozess und den können wir uns als Unternehmen nicht leisten.

Bestenfalls haben Sie damit ein Ziel ausgegeben. Nämlich das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen. Das allerdings auch sehr dürftig ist, denn es ist weder quantifizierbar noch meßbar. Es ist so schwammig wie Ihre Antworten in dem Interview.

Eine Strategie wäre ein „grobes Wie“, also eine Richtung, wie das Ziel erreicht werden könnte.

Dabei hat Ihnen Frau Slomka mit ihrer Fragestellung schon Hinweise gegeben:

[Was ist Ihre Strategie, Anm. T.E.] über bloße Einsparungen im Personalbereich hinaus, das ist ja auch nicht das Kreativste?

Da mag man jetzt streiten, ob „Sparen“ die Strategie und „Einsparungen im Personalbereich“ die Taktik sind, oder ob man „Einsparungen im Personalbereich“ auch noch als Strategie durchgehen lassen will. Doch mit Ihrer Antwort, Herr Dr. Franz, sind Sie ja noch nicht einmal in die Nähe gekommen.

Dabei gehört zum Berufsbild des Vorstandsvorsitzenden und Aufsichtsratsmitglieds, das sind Sie ja auch bei einigen Unternehmen, z.B. der Roche oder der Stadler Rail Group, eigentlich das Herausarbeiten von Strategien und deren operativ-taktische Umsetzung zu leiten.

Doch stattdessen verwechseln Sie auf der Hauptversammlung panisches Hinterherlaufen mit einer Strategie und jetzt im ersten Streik-Interview Ziele mit Strategien. Da überrascht es mich nicht, daß Lufthansa auf keinen grünen Zweig kommt.

Eigentlich müßten den Mitgliedern des Aufsichtsrats der Lufthansa die Haare zu Berge stehen und kalte Schauer den Rücken herablaufen, wenn sie solche Aussagen von ihnen hören.

Dazu kommt, wie Sie sich winden mußten, als Frau Slomka Sie nach einem Kontakt zum UFO-Vorstand Baublies fragt oder später nach der schlechten Stimmung im Unternehmen, Sie dann sogar unterbricht, weil Sie ablenken wollen. Das erweckt den Eindruck, als hätte Frau Slomka Sie mit der Hand im Honigtopf erwischt, sonst hätten Sie ja geradeheraus antworten können.

Wochenrückblick

Die letzte Woche im gewohnten Überblick:

Es ging mal wieder um aggressives Sparen, diesmal beim Projekt „Arzt an Bord“. Wieder eine Sparmaßnahme, die im Ergebnis wahrscheinlich mehr kostet, als Lufthansa durch sie einsparen wird.

Die Notwendigkeit zu sparen erklärten Dr. Franz und Carsten Spohr in einem offenen Brief an die Mitarbeiter. Dort stand auch drinnen, daß der Wettbewerb Lufthansa teils schon überholt hat und die Ergebnisse für die geplanten Investitionen schwerlich ausreichen. Beides keine überraschenden Erkenntnisse, wenn man sich Lufthansas Verhalten die letzten Monate kritisch angeschaut hat.

Ebenso mißlich wie die Kommunikation per „offenem Brief“ ist der Umgang mit Subventionen: Sollen „die Araber“ welche bekommen, werden sie dafür verdammt, geht es um Lufthansa selbst, sind sie standortentscheidend. Das der Vorstand gerne den eigenen Vorteil sieht, zeigt auch die Lufthansa Definition von Rechtssicherheit und der Umgang mit Schadenersatzforderungen am Berlin Brandenburg International.

Da ist es wenig erstaunlich, daß Meinungsvielfalt im Lufthansa-Vorstand nur auf dem geduldigen Papier des Exclusiv-Magazins zu existieren scheint. Lieber wirft man einen Unternehmensberater raus, als seine Kritik zu hören.

Dabei sind Unternehmensberater jobbedingt auch Kunden. Und kennen das Produkt, Service und Preis. Doppeltes Wissen, das praktisch zu nutzen wäre.

Schade, daß der Lufthansa-Vorstand Kritik nicht als eine Chance sieht und sie nutzt.

Subventionen: Nur böse beim Wettbewerb?

Da lassen Dr. Franz und seine Vorstandskollegen keine Gelegenheit aus, über die bösen arabischen Wettbewerber zu schimpfen, weil sie ja angeblich subventioniert sind. Derweil berichtet die Financial Times Deutschland, daß man als Standort für den auszugliedernden Europaverkehr zusammen mit Germanwings Berlin im Fokus hätte.

Und das nicht etwa, um AirBerlin eins auszuwischen, weil man an deren neuen wichtigsten Drehkreuz auch stark präsent ist, sondern weil man – wie die Financial Times Deutschland schreibt – Staatshilfen „wittert“.

Ja, wie nun, Herr Dr. Franz: Einerseits ist es böse, wenn „die Araber“ angeblich Subventionen bekommen, andererseits machen Sie Ihre Standortwahl von staatlicher Förderung, also Subventionen abhängig?

Und wie geht es damit zusammen, daß es von Emirates eine Eigendarstellung gibt, derzufolge man keine Subventionen kassiere? Könnte Lufthansa auch so ein Papier ruhigen Gewissens verfassen?

Erst erzählen Sie, daß der Flug München-Singapore-Jakarta wegen der Entscheidung zum Bau der dritten Startbahn in München aus dem Winterflugplan gestrichen wurde. Dann behaupten Sie, Subventionen bekommen nur die Araber – und hätten dadurch einen Wettbewerbsvorteil.

Wie sollen Ihnen da die Öffentlichkeit, Ihre Aktionäre und Ihr Aufsichtsrat noch glauben können?