Bei einigen Hundert Passagieren an Bord kann es immer mal sein, daß es einem schlecht geht und er medizinische Hilfe braucht. Aus genau dem gleichen Grund sitzt in vielen Theatern ein Sanitäter oder Arzt. Zwar verlaufen die meisten Vorstellungen medizinisch ruhig, die meisten Flüge auch, doch wenn mal was ist, braucht über dem Atlantik der nächste Rettungswagen etwas länger, als ins Theater.
Daher hat sich Lufthansa vor einiger Zeit ein interessantes Konzept einfallen lassen: Ärzte weisen ihre Approbation nach, Lufthansa schenkt ihnen sparsame 5000 Meilen nach dem ersten Flug, trägt die Information in deren Miles&More-Profil ein und sorgt dafür, daß die Flugbegleiter wissen, wo der Arzt sitzt.
Das spart im Notfall lästige Durchsagen und beschleunigt so die Notfallversorgung. Grundsätzlich ein sinnvolles Konzept, wie ich finde.
Jetzt muß man natürlich bedenken: Die meisten Ärzte arbeiten in der Klinik oder ihrer eigenen Praxis, dort ist der Arbeitsplatz vorbereitet, es gibt qualifiziertes Assistenzpersonal, keine Zuschauer, viel Platz und die bekannte Ausrüstung. Man weiß sogar, daß irgendwann Patienten kommen könnten. Selbst da kommen einige Ärzte bei echten Notfällen schon mal ins Schwitzen.
Im Flieger dagegen ist der Kopf woanders, der Einsatz kommt unerwartet, das Material ist anders sortiert als gewohnt, manches fehlt, der Platz beengt, viele Augenzeugen – kurz viele externe Stressoren.
Und es müssen schnell viele Entscheidungen getroffen werden: Soll zwischen den Sitzreihen, wie auf diesem Foto, reanimiert werden oder schleppt man den Patienten noch schnell in die Galley oder sonstwohin, wo mehr Platz ist?
Muß die Maschine sofort runter, damit der Patient ins Krankenhaus kommt? Oder ist er noch für die Restflugzeit an Bord versorgbar? Reicht eine priorisierte Landung am Zielflughafen? Was gibt es überhaupt für Möglichkeiten?
Um den Streß zu reduzieren, bieten Lufthansa und AUA den Ärzten ein Training an, dabei können die Notfälle auch in einer Kabinenattrappe geübt werden – und man auch mal versuchen, sich mit Ambu-Beutel wie auf dem Foto zwischen die Sitzreihen zu wursteln. Das dürfte eher was für schlanke Verrenkungskünstler sein. Ich würde für mich jedenfalls befürchten, nach 20 Minuten beatmen in der Enge dann selbst ein Fall für den Orthopäden zu werden.
Dieses Training muß aus eigener Tasche beglichen werden. Zwar gibt es dafür zusätzliches Wissen und Fortbildungspunkte, aber der Hauptprofiteur bleibt die Airline.
Jetzt ist die AUA im Rahmen ihres Sparprogrammes auf die glorreiche Idee gekommen, die Kosten für so einen Kurs zu erhöhen, weil der Kabinensimulator teuer sei, berichtet Austrian Aviation Net.
Anstatt das Angebot als Werbemaßnahme zu nutzen, froh über die verbesserte Notfallversorgung in der Luft zu sein, wird hier mit – wie Austrian Aviation Net richtig feststellt – kurzsichtigen Kostenargumenten wüst gespart.
Genau derselbe Sparwahn wie die Meilenentwertung: Bringt kurzfristig wenig Geld, langfristig nur Ärger und Mehrkosten. 
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