Vielfalt bei Lufthansa

Im Lufthansa Exclusive 07/12 schreibt Dr. Franz, daß Lufthansa „Diversity“ lebe und Vielfalt den Konzern ausmache. Vielfalt in Bezug auf Nationalitäten sicher, aber Meinungsvielfalt scheint eher nicht so begehrt, wie das Manager Magazin feststellte. Kritikunfähig und unwillig zu Veränderungen sei der Vorstand. Das ging soweit, daß die Beratungsfirma, die das festgestellt hat, rausflog.

Besser kann man Kritikunfähigkeit gar nicht belegen.

Aber auch mit der Nationalitätenvielfalt scheint Lufthansa noch ihre Probleme zu haben: Die zugehörige Mehrsprachigkeit schafft nur die kleinere Tochter Swiss in der Social-Media-Kundenkommunikation.

Herr Dr. Franz, Ihre Selbstwahrnehmung und die Fremdwahrnehmung divergieren deutlich. Wie können Sie da noch die richtigen Entscheidungen für die Zukunft der Lufthansa treffen?

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Neue Sparmaßnahme: Arzt an Bord

Bei einigen Hundert Passagieren an Bord kann es immer mal sein, daß es einem schlecht geht und er medizinische Hilfe braucht. Aus genau dem gleichen Grund sitzt in vielen Theatern ein Sanitäter oder Arzt. Zwar verlaufen die meisten Vorstellungen medizinisch ruhig, die meisten Flüge auch, doch wenn mal was ist, braucht über dem Atlantik der nächste Rettungswagen etwas länger, als ins Theater.

Daher hat sich Lufthansa vor einiger Zeit ein interessantes Konzept einfallen lassen: Ärzte weisen ihre Approbation nach, Lufthansa schenkt ihnen sparsame 5000 Meilen nach dem ersten Flug, trägt die Information in deren Miles&More-Profil ein und sorgt dafür, daß die Flugbegleiter wissen, wo der Arzt sitzt.

Das spart im Notfall lästige Durchsagen und beschleunigt so die Notfallversorgung. Grundsätzlich ein sinnvolles Konzept, wie ich finde.

Jetzt muß man natürlich bedenken: Die meisten Ärzte arbeiten in der Klinik oder ihrer eigenen Praxis, dort ist der Arbeitsplatz vorbereitet, es gibt qualifiziertes Assistenzpersonal, keine Zuschauer, viel Platz und die bekannte Ausrüstung. Man weiß sogar, daß irgendwann Patienten kommen könnten. Selbst da kommen einige Ärzte bei echten Notfällen schon mal ins Schwitzen.

Im Flieger dagegen ist der Kopf woanders, der Einsatz kommt unerwartet, das Material ist anders sortiert als gewohnt, manches fehlt, der Platz beengt, viele Augenzeugen – kurz viele externe Stressoren.

Und es müssen schnell viele Entscheidungen getroffen werden: Soll zwischen den Sitzreihen, wie auf diesem Foto, reanimiert werden oder schleppt man den Patienten noch schnell in die Galley oder sonstwohin, wo mehr Platz ist?

Muß die Maschine sofort runter, damit der Patient ins Krankenhaus kommt? Oder ist er noch für die Restflugzeit an Bord versorgbar? Reicht eine priorisierte Landung am Zielflughafen? Was gibt es überhaupt für Möglichkeiten?

Um den Streß zu reduzieren, bieten Lufthansa und AUA den Ärzten ein Training an, dabei können die Notfälle auch in einer Kabinenattrappe geübt werden – und man auch mal versuchen, sich mit Ambu-Beutel wie auf dem Foto zwischen die Sitzreihen zu wursteln. Das dürfte eher was für schlanke Verrenkungskünstler sein. Ich würde für mich jedenfalls befürchten, nach 20 Minuten beatmen in der Enge dann selbst ein Fall für den Orthopäden zu werden.

Dieses Training muß aus eigener Tasche beglichen werden. Zwar gibt es dafür zusätzliches Wissen und Fortbildungspunkte, aber der Hauptprofiteur bleibt die Airline.

Jetzt ist die AUA im Rahmen ihres Sparprogrammes auf die glorreiche Idee gekommen, die Kosten für so einen Kurs zu erhöhen, weil der Kabinensimulator teuer sei, berichtet Austrian Aviation Net.

Anstatt das Angebot als Werbemaßnahme zu nutzen, froh über die verbesserte Notfallversorgung in der Luft zu sein, wird hier mit – wie Austrian Aviation Net richtig feststellt – kurzsichtigen Kostenargumenten wüst gespart.

Genau derselbe Sparwahn wie die Meilenentwertung: Bringt kurzfristig wenig Geld, langfristig nur Ärger und Mehrkosten.

Wochenrückblick

In der Woche gab es wieder einiges zu berichten – zum Überblick der Wochenrückblick:

Sehr lesenswert ist der Artikel im aktuellen Manager Magazin über die Lufthansa – und entsprechend viel gelesen war auch mein Kommentar dazu.

Neben der Erkenntnis, daß der Vorstand sich mit internen Machtkämpfen statt der Zukunft der Lufthansa beschäftigt, bestätigt der Beitrag auch meinen Eindruck, daß Lufthansa im Ansehen immer weiter sinkt.

Das unterstützen Kommunikationsmaßnahmen, die in sich völlig widersprüchlich sind: So zum Beispiel die Behauptung, man würde Flüge in München wegen der Entscheidung zur 3. Startbahn streichen. In Wirklichkeit scheint die Konkurrenz durch Singapore Airlines und die Auslastung das hauptsächliche Argument zu sein. Schade, daß sich Lufthansa durch solches Auftreten die eigene Glaubwürdigkeit zerstört und so der eh schon emotionale Diskussion um die Flughäfen Futter gibt.

Der Standard, eine österreichische Zeitung, titelte die Woche sehr treffend: Lufthansa zieht negative Schlagzeilen an – Lufthansa kommt aus dem Streiten nicht heraus.

Dann ging es einmal mehr um den Kundenumgang:

Wieso kassiert Lufthansa für Tippfehler bei Online-Buchungen die Kunden mit Stornogebühren ab, anstatt wie z.B. Qantas eine kulante Regelung zu finden? Denn wenn Online-Buchungen Lufthansas Vertriebskosten senken sollen, dann sollten sie auch für die Kunden attraktiv sein.

Steigt die Zahl der Gepäckverluste bei Lufthansa oder wird nur der Kundenservice im Fehlerfall immer schlechter? Beides kein Aushängeschild für einen Anbieter, der sich selbst damit rühmt, Mitglied im Verband der Luxusanbieter „Meisterkreis“ zu sein. Eine Zugangsvoraussetzung ist außergewöhnlich guter Service.

Wäre Lufthansa etwas kundenfreundlicher, würde sie sich sogar viel Geld sparen. Ja, Kulanz kann billiger sein, als den Kunden den Kampf anzusagen.

Zu guter Letzt ein kleiner Erfolg: Die Meilen, die Lufthansa für Zahnersatz verteilt hat, scheinen abgeschafft. Das war rechtlich im Graubereich.

Nachgerechnet: Kulanz spart

Lufthansa müsse sparen, ganze 1,5 Milliarden €. Das mag sein, ob die Größenordnung richtig und nötig ist, kann und will ich nicht beurteilen. Dr. Franz und ich kämen eh wieder zu unterschiedlichen Werten, so wie bei den Meilen, die ich immer noch für viel zu gering bilanziert halte.

Doch daß Dr. Franz am Kunden doppelt falsch spart, sollte klar sein. Denn ein zu sehr zum Sparzweck verkommender Kunde kauft woanders. Dazu gibt es zu viel Wettbewerb, der vieles besser macht und auch schon in den Startlöchern steht, die verärgerten Kunden aufzunehmen.

Dabei ist Kulanz oftmals billiger. Eine einfache Flugverspätung, innereuropäisch, mehr als zwei Stunden. Das macht 250 € Entschädigungszahlung, die nur ein kleiner Teil der Kunden überhaupt einfordert. Darauf ablehnend zu reagieren, kostet Zeit und Porto. Gut, an der Zeit lässt sich durch gerne auch mal kontextfreie Textbausteine sparen, aber das Anschreiben des Kunden muß wenigstens auch überflogen werden.

Doch dann kommt Widerrede vom Kunden, ein pampigeres Antwortschreiben wird nötig, mit dem berühmten „und jetzt basta“ am Schluß, nur minimal netter formuliert. Der Kunde geht zum Anwalt, jetzt ist die Rechtsabteilung gefordert. Auch wenn dort auch schon mit Textbausteinen experimentiert wird, eine halbe Stunde bis Stunde Arbeit ist da leicht investiert.

Bei einem durchschnittlichen Anwaltstundensatz – intern wird sicher bei Lufthansa ordentlich verrechnet – von 250 € wäre es jetzt schon billiger gewesen, einfach die Ausgleichzahlung zu überweisen.

Doch stattdessen wartet Lufthansa die Klage ab, schreibt eine Klageerwiderung, auch mit Textbausteinen, trotzdem, nochmal eine halbe bis Stunde Arbeit investiert. Dann verliert Lufthansa das Verfahren, legt zusätzlich zu den weiteren Arbeitskosten noch Gerichts- und Anwaltskosten der Gegenseite drauf.

Für den Aufwand hätte Lufthansa ein paar Mal 250 € zu viel zahlen können und wäre immer noch günstiger weggekommen.

Abgesehen vom Imageschaden, den jedes solches Verfahren mit sich bringt. Denn die verärgerten Kunden erzählen von ihrem Erlebnis anderen und sorgen damit dafür, daß der Markenwert von Lufthansa abnimmt. An dem hängt Umsatz.

Das zeigt auch der rücksichtslose Umgang mit dem Tippfehler eines Kunden bei einer Online-Buchung der Lufthansa. Statt wie Qantas einfach das Problem zu lösen, kassierte ihn Lufthansa zu teuer ab – und reagiert erst, als die Welt intervenierte und berichtet. Schon wieder ein weiterer Kratzer im Image, der Lack geht immer weiter ab.

Auch hier waren involviert: Ein Call-Center-Agent, der länger telefonieren mußte, um die offenkundig unsinnige 4-fache Stornogebühr zu erklären, überhaupt die Notwendigkeit der Storno-Gebühr zu erklären. Dann ein Pressesprecher, der Kundenservice, um einen Teil der Storno-Gebühr rückgängig zu machen – Gesamtkosten, die weit über den verdienten 18 € liegen.

Es muß Lufthansa schon viel wert sein, den Kunden spüren zu lassen, auf welch hohem Roß der Vorstand sitzt. Wie schrieb das Manager Magazin? Selbstherrlichkeit und Kritikunfähigkeit?

Oftmals wäre es billiger und imagefreundlicher, einfach nett zum Kunden zu sein, weil allein die direkten Kosten der Unfreundlichkeit höher sind. Genauso wie in meinem Verfahren eine frühzeitige, einvernehmliche Lösung viel Ärger erspart hätte. Inklusive der Diskussion um die Bilanzierung der Meilen.

Also lieber beim Kunden mit Freundlichkeit „scoren“, dann spart es sich mit „SCORE“ leichter.

Gepäckverluste

Ein Blick auf die Facebook-Seite von Lufthansa und auch in viele Twitter-Nachrichten zeigt, daß Lufthansa aktuell ein Problem mit Gepäckverlusten zu haben scheint. Im Dezember 2011 schrieb die Brandeins, daß bei Lufthansa im Schnitt 10,9 Gepäckstücke pro 1000 Passagiere verloren gehen, bei Turkish Airlines wären es nur 4,5.

Ob seither die Zahl der Verluste gestiegen ist, weiß ich nicht. Aber sie werden öfter und verärgerter thematisiert. Das scheint vorallem daran zu liegen, daß die Service-Reaktionen von Lufthansa kundenfeindlicher werden und die Informationsqualität sinkt.

Als mir vor einigen Jahren das letzte Mal ein Koffer verloren ging – seitdem bin ich bis auf sehr wenige Ausnahmen nur mit Handgepäck geflogen – wäre mein Verbesserungswunsch gewesen, mir schon im Flieger zu sagen, daß der Koffer beim Umsteigen langsamer war als ich, mir das Formular in die Hände zu drücken und es direkt am Gate abgeben zu können. Dann hätte ich mir die 20 Minuten Wartezeit bis das Band in München anläuft und der letzte Koffer durch ist, womit erst klar war, daß meiner fehlte, sparen können. Die 2-3 Stunden, die er dann nach mir kam, waren im Verhältnis zur ersparten Schlepperei erträglich.

Wer sich die Kundenkommentare heute anschaut, sieht, daß Lufthansa von den Qualitätsstandards mit dem minimalen Verbesserungspotential damals weit abgesackt ist. Kunden berichten von mehreren Tagen Wartezeit auf ihr Gepäck. Am Zielort einer Reise ist das katastrophal. Sie berichten von Mitarbeitern, die nicht einmal wissen, wo der Koffer ist und das auch über längere Zeiträume nicht herausfinden können. Von angeblichen Lieferungen, obwohl der Koffer noch verschollen gemeldet ist. Hotlines, die auch nach langen Wartezeiten nicht bedient werden, und wenn, dann keine Auskunft geben können.

Ein Fall auf Facebook ist bezeichnend für die „neue“ Lufthansa: Ein Koffer hat es nicht von Tegel nach München geschafft. Er kann am gleichen Tag nicht mehr ausgeliefert werden, weil die Fahrer um 20:00 Uhr aufhören. Der Flugbetrieb endet deutlich später. Die Begründung:

[…], dass die Zustellungsfirma Lieferungen an private Adressen nur bis 20.00 Uhr Abends durchführt, da kein genauer Zeitpunkt der Ankunft beim Passagier festgelegt werden kann. Man möchte somit verhindern, die Kunden zu unmöglichen Zeiten aus dem Bett zu klingeln.

Lufthansa weiß also, wann die Kunden schlafen und bestimmt aus diesem Wissen die Kofferlieferzeiten. Wie rücksichtsvoll. Das hat was patriarchalisches, erinnert mich sowohl an das Berufungsargument, ich hätte meine Meilen für einen US-Business-Class-Flug einlösen müssen, als auch an das Partnerkarten-Weibchen. Vielleicht ist der Kunde Langschläfer und dafür abends länger munter? Vielleicht ist im Koffer etwas, das wichtig genug ist, daß er dafür aufstehen möchte – zum Beispiel, passend zum Lufthansa Rollenbild, ein Geschenk für seine Partnerkarteninhaberin?

Vielleicht muß der Kunde auch am nächsten Tag schon wieder im Flieger sitzen oder ins Büro? Und kann dann den Koffer nicht annehmen, weshalb nachts Aufstehen das kleinere Übel wäre?

In einem kundenorientierten Unternehmen kann man sowas absprechen. Das reduziert die Folgen des Fehlers für den Kunden und er fühlt sich ernst genommen.

Liebe Lufthansa, hören ihre Mitarbeiter nach einem langen Tag vom Metzger gern „Ich hab‘ die Maschin‘ scho‘ putzt„?

Service bei Online-Fehlern

Bei einer Online-Buchung oder auch im Call-Center können immer mal Mißverständnisse auftreten, Tippfehler passieren oder sonstwas schieflaufen. Damit kann man unterschiedlich umgehen:

Die Welt Online berichtete am 21.07.12 in ihrer Rubrik „Ärger der Woche“ von einem Lufthansa-Kunden, der vier Tickets gebucht hat und nach eigenen Angaben bei einem versehentlich zweimal den Vornamen statt Vor- und Nachnamen eingegeben hat.

Das ist ihm auch sofort nach der Buchung aufgefallen, er rief die Hotline an und erhielt die Auskunft, die Tickets müßten nun alle storniert werden, das kostet 18 € pro Ticket. Warum nicht nur das falsche storniert werden konnte, blieb offen.

Auf Intervention der Welt hin mußte dann plötzlich nur noch ein Ticket storniert werden, die Storno-Gebühr für die anderen Tickets wurde dem Kunden gutgeschrieben.

Besonders kundenfreundlich ist das sicher nicht. Andere Airlines sind da menschlicher: Qantas zum Beispiel erlaubt bei einer Online-Buchung jede Menge Korrekturen am Buchungstag bis Mitternacht, sei es der Name, Flugreihenfolge oder sogar das Datum.

Ich weiß nicht, wie oft die Kunden den Service wirklich in Anspruch nehmen, der Aufwand dürfte allerdings ziemlich gering sein – für eine Dienstleistung, die viel wert ist. Und zwar nicht nur für den Kunden, sondern auch für die Airline: Eine Rückgabegarantie im Handel, so wie sie z.B. IKEA großzügigst anbietet, steigert den Umsatz.

Eine Namensänderung wegen eines Tippfehlers ist dabei noch nicht einmal eine Rückgabe, sondern eigentlich das Minimum an Service, daß man bei einem Mitglied des Luxusverbandes „Meisterkreis“ erwarten sollte. Schließlich ist ein Aufnahmekriterium außergewöhnlich guter Service.

Die Aufnahme von Lufthansa in den Meisterkreis muß also ein Mißverständnis gewesen sein.

Dritte Startbahn und Nachtflugverbot

Es ist schon komisch: Aktuell streicht Lufthansa angeblich den Flug München-Singapore-Jakarta (MUC-SIN-CGK), weil München aufgrund der fehlenden dritten Startbahn überlastet sei. Das sei die Folge des Bürgerentscheids.

Das ist natürlich logisch, schließlich ist so ein Bauvorhaben wie eine zusätzliche Startbahn weder aufwendig noch komplex, sondern ruckzuck erledigt. Ganz klar, sie wäre auch schon zum Winterflugplan 2013 fertig gewesen und hätte damit eine Kapazitätsausweitung am Münchner Flughafen über Nacht möglich geworden.

Die Realität sieht anders aus: Laut Süddeutsche Zeitung ist eine Bauzeit von 8 Jahren geplant, denn es wird nicht nur eine neue Runway nebst Taxiways angelegt, sondern es müssen Straßen verlegt werden, Tunnel gebaut und ein zusätzlicher Satellit B an das Terminal 2 angebaut werden.

Damit hätte vor 2020 die Erweiterung keinen positiven Effekt auf den Flugbetrieb, möglicher Weise gibt es zwischendurch sogar temporäre Einschränkungen, weil der Anschluß der neuen Runway hinter der aktuellen 26R/08L gebaut wird.

Die Einstellung dieses Fluges auf den Bürgerentscheid in München zu schieben, ist also völliger Unsinn.

Dazu kommt noch, daß auch andere Flüge in ihrer Kapazität beschränkt wurden. Das passt zu Lufthansas Ziel, eine bessere Auslastung der Maschinen zu realisieren. Bei konstanter Kundenzahl lässt sich das nur durch eine Reduktion der angebotenen Sitzplätze erreichen. Für die Theorie spricht, daß auf einigen Strecken im Winterflugplan auch kleinere Flieger eingesetzt werden sollen.

Wenn München so in den Kapazitäten beschränkt sein sollte, wieso hat dann Lufthansa vor wenigen Wochen lautstark den Flug Frankfurt Kapstadt (FRA-CPT) auf München Kapstadt umgestellt? Da mußte noch als Begründung das Nachtflugverbot in Frankfurt herhalten.

Man mag ja zur Erweiterung des Flughafens in München und zum Nachtflugverbot in Frankfurt stehen, wie man will. Es gibt tatsächlich für beide Seiten – sowohl die Gegner als auch die Befürworter – gute Argumente. Aber einfach plump und dreist die Bürger für blöd verkaufen und ihnen erzählen, daß aktuelle Einschränkungen des Flugplans, die vermutlich eher der wirtschaftlichen Lage der Lufthansa geschuldet sind, Folgen des Nachtflugverbotes und des Neins des Münchner Bürgerentscheids sind, ist schon reichlich unverschämt.

Es mag ja Lufthansa politisch wichtig sein und es steht ihr auch zu, Aufmerksamkeit für ihr Problem zu gewinnen – aber dann doch bitte mit sachlichen und glaubwürdigen Argumenten. Davon gibt es genug.

Zahnersatzmeilen abgeschafft?

Manchmal scheint Lufthansa sogar auf externe Kritik zu reagieren: Im Anfang Juni habe ich berichtet, daß Lufthansa Zahnärzten Meilen für Zahnersatz anbietet, was nach deutschem Recht bestenfalls im Graubereich ist. Die österreichische Zeitung Der Standard hatte die Meldung aufgegriffen, auch in einigen zahnärztlichen Mitteilungsblättern tauchte die Nachricht auf.

Mittlerweile ist die Seite, über die die dafür nötige Miles&More-Kreditkarte registriert werden konnte, sang- und klanglos abgeschaltet worden. Auf wessen Veranlassung ist nicht bekannt.

Lufthansa sinkt im Ansehen

Bei den Skytrax-Awards ist Lufthansa nicht unter den ersten zehn, bei den innovativsten Airlines auch nicht. Wobei da der Fairneß halber gesagt sein sollte, es ging nur um kundenfreundliche Innovationen, nicht um phantasievolle Berufungsbegründungen oder Klageerwiderungen. Oder gar sonstige Maßnahmen, wie man Stammkunden vergrault.

Auch in der ganz interessanten Bewertung von eDreams, die versucht Preis und Leistung ins Verhältnis zu setzen und daraus ein Ranking erzeugt, landet Lufthansa auf Platz 17, hinter Niki (Platz 4), Swiss (12), Austrian (13) und AirBerlin (14). Platz 1 hat (natürlich und wieder mal) Singapore-Airlines inne.

Die Bewertung vergleicht offensichtlich die Erwartungen der Kunden im Verhältnis zur Leistung. Deshalb überrascht es nicht, daß Niki weit vorne steht. An den ehemaligen Billigflieger haben die Kunden niedrige Erwartungen und die werden erfüllt. Die Sandwiches an Bord sind sogar recht gut, besser als eine halbe Milka-Tafel oder Corny-Riegel bei Lufthansa alle mal.

Eine ähnliche Untersuchung hat vor Jahren mal zu der Erkenntnis geführt, daß Lada-Kunden am zufriedensten sind. Denn sie bekommen, was sie erwarten.

Lufthansa versucht sich im Niedrigpreissegment als Premiumanbieter zu etablieren. Durch die Teilnahme am Luxusverband Meisterkreis unterstreicht Lufthansa den „Edel-Anspruch“.

Nur wird Lufthansa dem Anspruch nicht gerecht. Der Kundenumgang bleibt weit hinter den Erwartungen an selbst einen durchschnittlichen Anbieter zurück, Stammkunden werden mit allerlei Maßnahmen verärgert und vom Kabinenprodukt weiß sogar der Passagevorstand Carsten Spohr, daß hier dringend Überarbeitung geboten ist.

Da wundert der Absturz nicht, der dem Markenimage schadet und voraussichtlich auch Umsatz kosten wird, denn die Kunden nehmen den Unterschied zwischen Werbeaussagen und Realität sehr gut wahr.

Statt auf die Kunden zuzugehen, verärgert Lufthansa die Kunden immer mehr, Kritikunfähigkeit hat das Manager Magazin in der aktuellen Ausgabe attestiert. Eigentlich sollte Lufthansa sich jetzt dringend einen Kundenbeauftragten, Ombudsmann oder Kundenanwalt, wie auch immer das dann heißt, ins Haus holen, der gezielt diese Probleme angeht, zügig nach Lösungen sucht, die umsetzen darf und damit das Image rettet, bevor es ganz hinüber ist. Dafür müßte nur der Vorstand Fehlentscheidungen zugeben. Um Schaden abzuwenden allerdings etwas schneller als die katholische Kirche, die fast 500 Jahre brauchte, um offiziell festzustellen, daß der Papst sich seinerzeit geirrt hatte, als er sagte, die Erde sei eine Kugel.

Also, Herr Dr. Franz, nehmen Sie sich ein Herz. Es ist viel schief gelaufen, aber noch können Sie handeln. Der größte Fehler wäre, auf Ihren Fehlern zu beharren.

Lesehinweis: Manager Magazin 08/12

Das aktuelle Manager Magazin 08/2012 berichtet als Titelthema über die Probleme der Lufthansa, natürlich ist da auch die Meilenentwertung erwähnt:

Kopfschütteln auch bei Wohlmeinenden löst sein [gemeint ist Dr. Franz, Anm. T. E.] Vorgehen im Meilenstreit aus.

Viel wichtiger jedoch ist die Darstellung im Artikel, daß im Vorstand zwischen Dr. Franz und Carsten Spohr ein Machtkampf toben soll – ausgetragen auf dem Rücken der Mitarbeiter und Kunden.

Der Vorstand ist nicht nur für das Wohlergehen von aktuell knapp 121.000 Mitarbeitern (und vielen Leiharbeitern), sondern auch für einige Milliarden Kapital, z.B. für 700 Flugzeuge verantwortlich. Wie kann er sich da interne Grabenkämpfe und Machtspiele leisten – es ist ja schon schlimm genug, daß Dr. Franz versucht, sich mit Macht gegen die Kunden durchzusetzen.

Ganz unplausibel erscheint die Behauptung im Manager Magazin nicht, schließlich ist die Fluktuation im Vorstand relativ hoch. Das kann die Folge schlechter Stimmung sein.

Ein großes Problem scheint der Umgang mit Kritik und der Wille zur Veränderung im Vorstand zu sein – davon kann ich ein Lied singen. Meine Kritik ist auch noch nicht angekommen, sondern wird laufend abgewehrt. Das Manager Magazin schreibt dazu:

Dazu allerdings [Offenes Denken, Anm. T.E] […] ist sie [Lufthansa, Anm. T.E.] nur bedingt in der Lage.

Auf Geheiß des Vorstands eruierte das Berliner Beratungsunternehmen IFOK die Hauskultur der Lufthansa. […] recherchiert und analysiert, inwieweit der Geist des Hauses für einen geschäftlichen Aufbruch taugt.

Die Präsentation der Ergebnisse vor […] den 50 höchsten Managern, fiel desaströs aus. An vielen Stellen herrsche Selbstherrlichkeit […]. Man sperre sich gegen Einflüsse von außen und sei unfähig zur Veränderung.

Bereits da rangen die Zuhörer nach Luft.

Viele Blockaden, ging es weiter, hingen obendrein mit einem regelrechten Machtkampf zusammen, einer Frontstellung zwischen Topmann Franz und Vorstandsmitglied Carsten Spohr (45) […]. An dieser Stelle wurde die Präsentation abgebrochen […]. Der Berater ist seinen Job los. […] Das kommt davon, wenn man die Wahrheit sagt.

Es ist ja ganz nett, daß es IFOK auch so geht wie mir und deren berechtigte Kritik schlicht abprallt. Doch wenn das zutrifft, dann frage ich mich, wann der Vorstand mal wieder seinen Elfenbeinturm verlassen will, sich mit der Realität und den Bedürfnissen der Kunden, Mitarbeiter und damit damit denen der Gesellschaft auseinandersetzen wird?

Man kann ja nicht immer nur unliebsame Berater rausschmeißen und kritische Kunden vergraulen.

Wieso schweigt der Aufsichtsrat zu alledem? Bis auf einen Kommentar des Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Weber, der schon sehr danach klang, als habe er das Vertrauen in Dr. Franz verloren, drang noch nichts nach außen.