Luxus oder billig?

Dr. Franz sagt ja selbst: Lufthansa hat keine Strategie, man lässt sich vom Markt treiben. Getrieben werden bedeutet ja eigentlich, daß immerhin die Meute noch hinterherläuft, aber das ist bei Lufthansa auch schon vorbei: Der Wettbewerb hat Lufthansa auch nach Dr. Franz‘ Worten längst mindestens eingeholt, deswegen kommt es zu dieser sprachlich mißglückten „abflauenden Dynamik bei den Passagierzahlen„, also der Kundenabwanderung, die Dr. Franz auf der Hauptversammlung noch lautstark bestritten hat. Blöd, daß ihm da ausgerechnet sein Vorstandskollege Stefan Lauer öffentlich widersprochen hat.

Die Probleme sind, neben der Arroganz und Rücksichtslosigkeit im Kundenumgang, der unglücklichen Hand im Umgang mit den Mitarbeitern und der schlechten SCORE-Kommunikation, durch die fehlende Strategie hausgemacht:

In Berlin will Lufthansa als Billigflieger wahrgenommen werden, schreibt zum Beispiel das Manager Magazin online. Da müssen „niedliche“ Raubvögel für niedliche Preise werben, obwohl Dr. Franz gleichzeitig öffentlich behauptet: Fliegen müsse teurer werden.

Zur gleichen Zeit tritt Lufthansa dem Meisterkreis bei, unterstreicht also, Luxusanbieter sein zu wollen. Dazu gehört laut Teilnahmebedingungen im obersten Preissegment anzubieten. Das ist offensichtlich im Zielkonflikt zum Billigflieger.

Lufthansa leidet jetzt schon unter den Billigpreisen, der Gewinn pro Fluggast in der Passage ist deutlich niedriger als bei der Tochter Swiss. Das wird auch nicht besser, wie die Halbjahresergebnisse zeigten.

Billigflieger haben Strategien, die auch ein Meisterkreismitglied zur Kostenreduktion ohne negativen Effekt für die Kunden nutzen kann: Southwest zum Beispiel nutzt nur einen Flugzeugtyp und spart damit Wartungs- und Ersatzteilkosten. Das plant mittlerweile Lufthansa auch, nicht ganz so radikal, bedingt durch das andere Anforderungsprofil, aber das Einsparpotential wurde entdeckt.

Der Trick der Billigflieger ist die Reduktion der Komplexität. Die allerdings schraubt Lufthansa immer weiter nach oben, allein die vielen neuen Bedingungen, die zu Verschlechterungen für Miles und More Kunden führen, schaffen neue, unnötige Komplexitäten, die entstanden sind, weil einige wenige Kunden Schlupflöcher im System ausgenutzt haben.

Das erinnert an die Steuergesetzgebung: Pro „Loch“ gibt es eine neue Regel, die die Lücke schließt und dafür kreativen Köpfen zwei neue öffnet. Ich frage mich, ob die Kosten für den zusätzlichen administrativen Aufwand im Verhältnis zum potentiellen Durchschlupfschaden stehen? Häufig ist einfach einfach günstiger, genauso wie oft Kulanz spart, von den anderen positiven Effekten abgesehen.

Neben der Einfachheit und der Kostenreduktion gönnen sich die Billigflieger auch einen Luxus, den sich Lufthansa leider noch versagt: Eine Strategie.

Die Gewerkschaft Ufo hat das schon mal schön kommentiert: Billig können andere besser. Wann sieht Lufthansa, daß sich Marktteilnehmer nicht nur über den Preis unterscheiden?

Der Frage stellt sich nach mehreren übereinstimmenden Presseberichten heute der Aufsichtsrat der Lufthansa. Angeblich soll Dr. Franz dort seine Pläne für den Billigflieger Direct4U präsentieren.

Aus meiner Sicht gäbe es heute noch dringendere Entscheidungen im Aufsichtsrat zu treffen, denn noch besteht die Chance, das Ruder herumzureißen und die Lufthansa wieder auf einen Kurs zu bringen, bei der auch die Kunden sich gerne wieder an Bord begrüßen lassen wollen. Und die Mitarbeiter auch bleiben. Schließlich sucht der „böse AraberEmirates gerade 3.800 neue Flugbegleiter.

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Kundenverachtung

Neulich, ich hatte es schon mal in einem Wochenrückblick, nämlich dem vom 30.06.2012, zitiert, stand ein schöner Kommentar auf der Meilenschwund-Facebook-Seite:

Wie sehr muss man seine Kunden verachten, wenn man ihnen gegenüber (sei es auch über den Umweg Gericht) fortlaufend so entgegentritt? Widerlich.

Der Kommentar bezog sich auf die „eigenwillige“ Berufungsbegründung in meinem Verfahren wegen der Meilenentwertung, doch er trifft auch sonst zu. So zeigt auch die unglaubliche Schlamperei im Schriftsatz wegen der Flugverspätung eines Lesers, daß Lufthansa die Kunden noch nicht einmal ordentliches Korrekturlesen wert sind.

Überhaupt, da meldet ein Kunde einen berechtigten Anspruch an – sei es in diesem Fall oder meinem Verfahren – und Lufthansas Reaktion darauf ist, ihn mit aller Macht abzuwehren, anstatt nach einer Einigung zu suchen. Statt zeitnah auf den Kunden zuzugehen, sein Problem zu lösen, beharrt Lufthansa auf ihrer vermeintlich überlegenen Position.

Das fängt mit „Kleinigkeiten“, wie verspäteten Meilengutschriften an. Da braucht es teils Monate. Und das ist kein Einzelfall, wie viele verärgerte Kommentare auf Lufthansas Facebook-Seite oder ein sehr lesenswerter Beitrag von „Ingo“ bei Reisewahnsinn.de zeigen.

Auf Facebook zeigt übrigens Lufthansa in wenigen Fällen, wie Service auch funktionieren kann: Antworten (außer auf meine Posts, das scheint verboten zu sein) kommen relativ zeitnah. Und in manchen, nicht allen Fällen sind sie sogar nützlich. Nämlich dann, wenn kein Textbaustein zurückkommt und nicht einfach nur die Nachricht weitergeleitet wird, sondern das Social Media Team in die üblichen Kundenmonologprozesse eingreift, Anfragen beschleunigt oder Kulanzlösungen erwirkt. Das gibt dann auch positives Feedback von den Kunden.

Übrigens sind schnell und gut behobene Kundenprobleme ein herausragender Weg, die Kundenbindung zu verbessern und schaffen gute Mundpropaganda. Nur Kunden, deren Problemen nicht abgeholfen sind, machen noch mehr „Werbung“, dann allerdings dann keine positive.

Das zeigt: Fehler können passieren, der Umgang mit ihnen ist die Kunst. An dem nötigen Gespür dafür fehlt es Lufthansa. Deswegen sinkt die Reputation, der Markenwert und die guten, zahlungskräftigen Kunden wandern ab.

Da mag vielleicht der Sitzladefaktor auf den ersten Blick eine andere Sprache sprechen, doch wer die Angebote verfolgt, sieht, daß Lufthansa aktuell massiv mit Sonderpreisen wirbt, zuletzt auch mit einem 2-for-1-Tarif in der First Class. So wird die Maschine voller, aber nicht unbedingt rentabler.

Wie wär’s, liebe Lufthansa, mit etwas weniger Kundenverachtung und etwas mehr echtem Kundendialog? Dialog erfolgt schnell, ehrlich und auf Augenhöhe. Einmal auf den Kunden zugehen kostet viel weniger als eine Werbeaktion, die einen verärgerten Kunden zurückgewinnen soll. Da steckt nachhaltiges Sparpotential drin, mit dem man sogar bei den Kunden punkten, neudeutsch „scoren“ kann.