Lufthansa und der Preiskampf

Lufthansa begründet die Notwendigkeit eines eigenen Billigfliegers mit den angeblich ruinösen Preisen in der Luftfahrt. Doch sind die „Gott gegeben“?

Es scheint nicht so: In Österreich wurde von Lufthansa die Niki, eine Tochter der AirBerlin, auf einigen Strecken mit so billigen Preisen drangsaliert, daß sie immer wieder Strecken einstellen mußte, weil sie nicht profitabel waren. Die Austrian (AUA) wurde dann, angeblich wegen mangelnder Profitabilität, in die Tyrolean überführt. Mit erheblichen finanziellen Auswirkungen auf die Mitarbeiter.

Jetzt wurde mir ein Schreiben von AirBerlin-Vorstandsvorsitzenden Hartmut Mehdorn weitergeleitet, in dem er treffend schreibt:

Doch gesunder Wettbewerb findet seine Grenzen, wenn ohnehin schon günstige Ticketpreise systematisch unterboten werden. Die Strecke Frankfurt-Hamburg ist da ein eindrucksvolles Beispiel:
Die klassische Hochpreisstrecke war nach dem Markteintritt von airberlin im Herbst 2009 kaum wiederzuerkennen. In der Zeit, in der airberlin diese Strecke flog, wurden unsere Preise konstant unterboten, bis die Verbindung für uns nicht länger tragbar war. Anschließend schossen die Preise in die Höhe, um auf der nunmehr konkurrenzlosen Strecke den Ertrag zu maximieren.

Tatsächlich findet sich auf Strecken, auf denen AirBerlin unterwegs ist, meist ein Schnäppchen, auf nicht so umkämpften Strecken – zum Beispiel auch München-Bremen – sind die Tickets teurer.

Man mag zu diesem Preiskampf stehen wie man mag, es gibt tatsächlich viele Argumente dafür und dagegen. Die Diskussion möchte ich gar nicht führen.

Wichtiger ist: Wer bewußt einen Preiskrieg anzettelt und versucht, dem Wettbewerb die Kunden rein über den Preis abzujagen, dabei durchaus das Ziel hat, dem Wettbewerber zu schaden, der darf sich nachher nicht beschweren, daß sein Geschäft nicht profitabel läuft.

Denn die fehlende Profitabilität war für ein längerfristiges Ziel, nämlich den Wettbewerber zu zerstören, billigend in Kauf genommen.

Es ist dann äußerst unanständig, die (höchstens teilweise) höheren Gehälter der Mitarbeiter für die fehlende Profitabilität verantwortlich zu machen. Denn die Mitarbeiter haben nicht die unternehmerische Entscheidung getroffen – und tragen sie möglicher Weise auch nicht.

Mir scheint, daß Dr. Franz konsequent vergisst, daß es noch wesentlich mehr Möglichkeiten der Marktsegmentierung gibt, als nur den Preis.

Vor ein paar Jahren kannte Lufthansa diese Möglichkeiten noch. Das Kundenbindungsprogramm war ein Teil davon, ein konsistentes, anständiges Produkt ein weiterer. Darauf kam dann noch ein Service, auf den man sich gerade in Ausnahmesituationen verlassen konnte. Ein echter Mehrwert für die, die oft fliegen müssen. Doch genau die Tugenden von Lufthansa, für die viele bereit waren, mehr zu zahlen, wurden abgeschafft. Und damit ist Lufthansa jetzt beliebig austauschbar – gegen jeden Billigflieger. Dadurch bleibt tatsächlich nur noch der Preis als Differenzierungsmerkmal.

Gleichzeitig ist der Preis mittlerweile so niedrig, daß Fliegen die billigste und schnellste Alternative ist. Wer mit dem Auto München Hamburg fährt, verbraucht bei ca. 6 l pro 100 km für 1,60 € pro Liter return ca. 150 €. Dazu kommt noch der Verschleiß, das Finanzamt rechnet daher 0,30 € / km, das wären 480 € return. Die Fahrzeit beträgt einfach meiner Erfahrung nach rund 8 Stunden.

Die Bahn will regulär return ca. 270 €, die Fahrzeit einfach sind knapp 6 Stunden.

Ein Flug dauert eine Stunde, spart also im Vergleich zu Bahn und Auto mindestens einen Tag – und kostet return ab 99 €.

Es erinnert ein bißchen an die alten Preisstrukturen der Bahn – da war der längste und langsamste Reiseweg auch oft der teuerste und der schnellste der billigste. Der Zeitvorteil wird also zusätzlich durch einen Preisvorteil incentiviert.

Da ist es sogar zu zweit fast billiger zu fliegen als zu fahren. Und spätestens jetzt müßte jeder Airline auffallen, daß der Preiskampf das Preisgefüge am Markt und die realistisch zu erzielenden Preise bereits weit hinter sich gelassen hat. Sogar Dr. Franz sagte neulich, daß fliegen wieder teurer werden müsse – und gründet jetzt einen Billigflieger.

Wie kann man sich nur selbst so aus dem Rennen schießen?

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Lufthansa sinkt im Ansehen

Bei den Skytrax-Awards ist Lufthansa nicht unter den ersten zehn, bei den innovativsten Airlines auch nicht. Wobei da der Fairneß halber gesagt sein sollte, es ging nur um kundenfreundliche Innovationen, nicht um phantasievolle Berufungsbegründungen oder Klageerwiderungen. Oder gar sonstige Maßnahmen, wie man Stammkunden vergrault.

Auch in der ganz interessanten Bewertung von eDreams, die versucht Preis und Leistung ins Verhältnis zu setzen und daraus ein Ranking erzeugt, landet Lufthansa auf Platz 17, hinter Niki (Platz 4), Swiss (12), Austrian (13) und AirBerlin (14). Platz 1 hat (natürlich und wieder mal) Singapore-Airlines inne.

Die Bewertung vergleicht offensichtlich die Erwartungen der Kunden im Verhältnis zur Leistung. Deshalb überrascht es nicht, daß Niki weit vorne steht. An den ehemaligen Billigflieger haben die Kunden niedrige Erwartungen und die werden erfüllt. Die Sandwiches an Bord sind sogar recht gut, besser als eine halbe Milka-Tafel oder Corny-Riegel bei Lufthansa alle mal.

Eine ähnliche Untersuchung hat vor Jahren mal zu der Erkenntnis geführt, daß Lada-Kunden am zufriedensten sind. Denn sie bekommen, was sie erwarten.

Lufthansa versucht sich im Niedrigpreissegment als Premiumanbieter zu etablieren. Durch die Teilnahme am Luxusverband Meisterkreis unterstreicht Lufthansa den „Edel-Anspruch“.

Nur wird Lufthansa dem Anspruch nicht gerecht. Der Kundenumgang bleibt weit hinter den Erwartungen an selbst einen durchschnittlichen Anbieter zurück, Stammkunden werden mit allerlei Maßnahmen verärgert und vom Kabinenprodukt weiß sogar der Passagevorstand Carsten Spohr, daß hier dringend Überarbeitung geboten ist.

Da wundert der Absturz nicht, der dem Markenimage schadet und voraussichtlich auch Umsatz kosten wird, denn die Kunden nehmen den Unterschied zwischen Werbeaussagen und Realität sehr gut wahr.

Statt auf die Kunden zuzugehen, verärgert Lufthansa die Kunden immer mehr, Kritikunfähigkeit hat das Manager Magazin in der aktuellen Ausgabe attestiert. Eigentlich sollte Lufthansa sich jetzt dringend einen Kundenbeauftragten, Ombudsmann oder Kundenanwalt, wie auch immer das dann heißt, ins Haus holen, der gezielt diese Probleme angeht, zügig nach Lösungen sucht, die umsetzen darf und damit das Image rettet, bevor es ganz hinüber ist. Dafür müßte nur der Vorstand Fehlentscheidungen zugeben. Um Schaden abzuwenden allerdings etwas schneller als die katholische Kirche, die fast 500 Jahre brauchte, um offiziell festzustellen, daß der Papst sich seinerzeit geirrt hatte, als er sagte, die Erde sei eine Kugel.

Also, Herr Dr. Franz, nehmen Sie sich ein Herz. Es ist viel schief gelaufen, aber noch können Sie handeln. Der größte Fehler wäre, auf Ihren Fehlern zu beharren.

Lufthansa überwiegend negativ wahrgenommen

Manchmal ist es ja wie verhext: Da sitze ich in den Startlöchern mit weiteren Themen und dann kommt plötzlich Rückenwind aus der Presse. Den möchte ich natürlich nutzen. So ging es mir letzte Woche, als ich in zwei Artikeln (Neue Business-Class unbequem?, Carsten Spohr: Neue Business schafft Stammkunden) über die neue Business Class berichtete und am Dienstag Spiegel online eigene Ansichten dazu brachte.

Und heute schon wieder: Gestern erschien in der Wirtschaftswoche online ein kritischer Lufthansa-Artikel, passend zu meinem Tagesbeitrag.

Dort kommentiert Tim Oesterlau, daß der Markenwert der Lufthansa leidet. Das Unternehmen würde aktuell überwiegend negativ wahrgenommen. Als Gründe benennt er einerseits die Meilenentwertung, kippt also Wasser auf meine Managementfehler-Mühle, andererseits aber auch die Verluste im ersten Quartal, die angekündigten Massenentlassungen, die Probleme am neuen Berliner Flughafen und eine Notlandung einer Lufthansa-Maschine in Prag.

Mir fallen noch einige Gründe mehr für eine negative öffentliche Wahrnehmung ein: Der aktuelle Umgang mit den AUA-Mitarbeitern erscheint mir beispielsweise auch nicht fair. Die AUA wurde von Lufthansa übernommen, als sie kurz vor dem Konkurs stand. Lufthansa hat dann mit AUA einen Preiskampf gegen Niki geführt, der so ruinös war, daß Niki deswegen einige Strecken aufgegeben hat.

Dabei weiß jedes Kind: Wer einen Preiskampf führt, nimmt kurzfristig willentlich Verluste in Kauf, um langfristig über eine erreichte (Beinahe-)Monopolstellung Gewinn abschöpfen zu können.

Für den Lufthansa-Vorstand anscheinend völlig überraschend hat die AUA während des Preiskampfes weiter Verluste eingefahren. Um die zu kompensieren und Kosten zu senken, sollen die Mitarbeiter weniger Gehalt bekommen. Und das wird aktuell brutal durchgefochten, koste es, was es wolle.

Aus meiner Sicht: Grob unsportliches Verhalten. Das trägt nicht zu einem positiven Meinungsbild bei.

Dann dieses dauernde Geschimpfe über die bösen arabischen Airlines, der Schrei nach Regierungshilfe.

Es mag ja sein, daß, wie es auf der Hauptversammlung hieß, ein Turn-Around einer A330 in Dubai ein Fünftel des Turn-Around in Frankfurt kostet. Ein Preisvorteil, den Lufthansa auf Dubai-Flügen übrigens auch hat. Sicherlich mag das ein Standortnachteil für Lufthansa in Frankfurt sein, dafür liegt Frankfurt für viele Kunden günstiger – ein Standortvorteil.

Auch hier weiß die informierte Öffentlichkeit, daß Lufthansa Kunden an Emirates durch eigene Fehlentscheidungen verliert. Denn es sind verärgerte Kunden, die abwandern.

Die Kunden sind verärgert, weil Lufthansa sie nur noch als Geldquelle sieht und im Rahmen der Meilenentwertung sogar tüchtig über das Ohr gehauen hat.

Es finden sich viele weitere Kleinigkeiten, die für ein negatives öffentliches Bild der Lufthansa sorgen. Da ist zum Beispiel noch der verkrampfte Spagat zwischen Billigflieger und Premiumanbieter.

Der schlechte Eindruck ist im letzten Jahr zunehmend gewachsen ist. Anstatt die Kritik ernst zu nehmen, blieb man auf dem hohen Roß sitzen. Und behauptete sogar, keine Kundenabwanderung feststellen zu können.

Noch auf der Hauptversammlung hieß es im Brustton der Überzeugung: Unsere Kunden sind zufrieden.

Jetzt kommt langsam die Quittung. Für die dann wohl auch in Deutschland erstmal die Mitarbeiter den Kopf hinhalten müssen. Die, die sich meistens noch Mühe geben, dem Kunden zu helfen.