Wochenrückblick

Beim Wochenrückblick fällt mir jede Woche wieder auf: Die Themen, die ich eigentlich für die Woche angedacht habe, bekomme ich gar nicht unter. Eigentlich wollte ich mich die Woche auf Status bei StarAlliance und OneWorld konzentrieren, um zu zeigen, wie aufwendig er bei den verschiedenen Airlines zu erreichen ist – und daß Lufthansa besonders hohe Hürden aufstellt. Wechselt ein Frequent Traveller von Lufthansa weg, kann es für die gleiche Menge Flüge sowohl eine StarAlliance Gold als auch OneWorld Sapphire Karte geben:

Durch Lufthansas „Liebesbrief-Knaller-Werbung“, die nach hinten losging, mußte ich das Thema Status unterbrechen, nächste Woche kommt noch etwas nach.

Leider kam von der Werbekampagne, hinter der laut horizont.net Brand David stecken soll, in der medialen Berichterstattung nur ein negativer Teilaspekt an: Der Sexismus. Den anderen Anteil, der sich durch Lufthansas aktuelles Handeln zieht, der dauernde in-sich-Widerspruch, ist untergegangen. Dabei halte ich die schlechte und die Nicht-Kommunikation für das aktuelle Kernproblem der Airline:

Und in eigener Sache noch: Gestern habe ich meinen 200. Artikel auf dem Blog veröffentlicht. Danke dafür an Lufthansa, die mir dauernd weiteren Stoff liefern.

Werbung

Lufthansas Hauptproblem

Mittlerweile ist Lufthansas peinliche Werbeaktion mit dem noch peinlicheren Liebesbrief auch in der Presse aufgeflogen, man versichert eilig, den Eindruck beim Leser des Briefes zu bedauern und modifiziert die zugehörige Webseite.

Natürlich darf da der Hinweis auf eine kecke Print-Werbung der Reisetochter binoli des Hauptkonkurrenten AirBerlin nicht fehlen: Eine junge Dame hält die Handtasche zwischen den Zähnen, daneben einige berüchtigte Shopping-Locations zu günstigen Reisepreisen und als Punchline: „Teuer wird es erst, wenn Sie Ihre Frau mitnehmen.“

Mich wundert, daß da nicht als Schutzreflex Sixt „Frauen in Schlüsselpositionen“ ausgegraben wurden.

Die letzten beiden haben in meinem Bekanntenkreis mindestens ein Schmunzeln ausgelöst, die von Lufthansa überwiegend Abstossung.

Denn die Werbung passt nicht zu Lufthansa. Rotzfreche Kommentare zur Tagespolitik sind bei Sixt Erwartung, sie passen zum Image. Binoli hat mit dem recht billigen Spruch die billigen Angebote billig in Szene gesetzt. Das ist auch stimmig.

Aber Lufthansa ist nicht stimmig. Was ist Lufthansa?

Verfechter eines überkommenes Rollenmodells oder erster Wagen auf dem CSD in Berlin?

Billigflieger oder Premiumairline? Die aktuelle Kampagne soll niedliche Preise verkaufen, man versucht in das Marktsegment der Billigflieger einzudringen.

Lufthansa ist nicht loyal und auch nicht vertragstreu, fordert das aber von Berlin-Brandenburg International.

Der Vorstandsvorsitzende behauptet Kundenloyalität sei ein Hauptziel und die Kunden sollen Fans werden. Gleichzeitig greift Lufthansa die Stammkunden massiv an – darum dreht sich mein ganzes Blog -, um auf der Hauptversammlung aber den Vorstand versichern zu lassen, man wolle die Premiumkunden keinesfalls verärgern.

Diese ganzen Widersprüche machen Lufthansa unglaubwürdig. Sie zeigen, daß für Lufthansa der Kunde nur noch Mittel zum Geld ist.

Das unterscheidet Lufthansa von Sixt oder binoli. Beide kommunizieren widerspruchsfrei. Sie sind dadurch glaubwürdig. Da passt auch eine unverschämte Werbung, weil sie echt und stimmig ist.

Lufthansa scheitert schon an der Kommunikation. Verspätete und schlechte Kommunikation war Ursache fast allen Ärgers, den Lufthansa in letzter Zeit hat.

Lufthansa hat es so schwer richtig zu kommunizieren, weil sie selbst nicht weiß, was sie will. Es fehlt an der Strategie. So entstehen dauernd Widersprüche und der Eindruck des Kunden, von Lufthansa eh nur noch mit Halbwahrheiten bedient zu werden.

Lufthansa will auch gar nicht kommunizieren. Nicht umsonst heißt der Kundendialog schon lange inoffiziell „Kundenmonolog“ und die Facebookseite quillt wegen Beschwerden darüber über.

Schlechte Presse, unzufriedene Kunden, Ärger über unpassende Werbung, ungeschicktes Sparen – hat das nicht gerade Schlecker in den Ruin geführt?

Wann endlich verlangt der Aufsichtsrat vom Vorstand im Interesse der Aktionäre, Mitarbeiter und Kunden eine klare Aussage zur Strategie, schlüssiges Handeln und anständige Kommunikation?

Lufthansa im Dauer-Selbst-Widerspruch

Dr. Franz widerspricht sich selbst bezüglich Miles&More: Es sei ein Kundenbindungsprogramm für Vielflieger – und er lädt Zahnärzte ein, über Zahnersatz Meilen zu sammeln.

Gleichzeitig streicht er den Vielfliegern die Statusvorteile: Letzten Freitag ging es den Frequent Travellern an den Kragen, vor einigen Wochen dem HON Circle und auch flächig gegen alle. Grund meiner Klage war eine Meilenentwertung, die auch gerade gegen die wichtigen Stammkunden ging.

Jetzt verschickt Lufthansa aktuell einen scheinbar handschriftlichen Werbebrief mit dickem, roten Kußmund-Lippenabdruck statt Unterschrift, in der in einem offenkundig altmodisch, patriachalisch geprägten Haushalt die Ehefrau ihren Gatten untertänig bittet:

Ich würde mich unheimlich freuen, wenn Du diese Partnerkarte für mich beantragst.

Schließlich fallen bei dabei noch Abos für klassische Frauenzeitschriften ab und man könne von den Meilen ja ein Wochenende in Paris verbringen.

Damit verkauft Lufthansa die Frau auch noch als Dummchen am Herd: Denn jeder Kunde weiß mittlerweile, daß innereuropäische Economy-Flüge Meilenverschwendung sind und einen negativen Meilenwert realisieren.

Soweit zum klassischen Weltbild in der einen Werbe-Abteilung bei Lufthansa. Gleichzeitig aber weist Lufthansa auf Facebook auf ihr Engagement beim Christopher Street Day in Berlin hin. Gar nicht klassische Rollenverteilung.

Schon mal nachgedacht, liebe Lufthansa, wie dieser „Liebesbrief“ bei frisch geschiedenen, verwitweten, schwulen oder lesbischen Kreditkartenkunden oder einfach unglücklichen Singles ankommen könnte?

Einige der Zielgruppen lassen sich zwar durch intelligentes Datamining halbwegs zuverlässig ausschließen.

Doch noch besser wäre es, wenn sich Lufthansa einfach nicht mehr selbst widerspräche.

Dabei hilft eine klare Strategie – im Unterschied zu operativer Hektik.