FRA-TLV mit A321: Zynisch in Passage Magazin

Im aktuellen Lufthansa Passage Magazin 04/12, einer Mitarbeiterzeitschrift, die mittlerweile nicht mehr offen im Netz steht, erklärt Lufthansa auf Seite 17 den Mitarbeitern, warum statt Tel Aviv (TLV) ab dem kommenden Winterflugplan von Frankfurt (FRA) statt mit der A330 mit der A321 angeflogen werden soll.

Es sind klare Kostenargumente: 45% weniger Treibstoffverbrauch, dabei kann dahingestellt bleiben, was der Beitrag offen lässt, ob die Einsparung pro Passagier oder Flug gilt: Die Maschinen haben etwa gleich viele Sitzplätze, laut des Lufthansa Magazins 09/12. Es sei weniger Personal nötig, zudem könne der so freiwerdende A330 andere, profitablere Strecken fliegen: Er soll nach New York fliegen und damit eine 747-400 ersetzen.

Der Wechsel betrifft die Passagiere: Denn statt interkontinentaler Business mit „schräger Rutsche“ oder den neuen Lie-Flat-Sitzen mit Fußel-Faktor, gibt es die geschmähten Neuen-Europa-Komfort „Campingstühle“, wie sie vielfach spöttisch genannt werden. Hinlegen ist nicht.

Mit Lufthansas eigenen Worten:

Für den Business-Class-Reisenden ist der Unterschied zwischen dem Kont- und dem Interkontprodukt deutlich. Eine solche Angebotsverschlechterung […]

Die First Class fällt ganz weg.

Das ist ärgerlich: Denn Kunden, die ein teures Business Class Ticket gekauft haben, erwarten auch den Komfort. Neben dem vertraglichen Problem eine zugesicherte Leistung nicht zu erbringen, dürfte sich der erste Ärger an den Flugbegleitern entladen. Das Passage Magazin schreibt fast zynisch:

Alle verantwortlichen Stellen sind sich bewusst, dass trotz der schon angelaufenen externen Kommunikation insbesondere die Kabinencrew auf den Flügen besonderen Belastungen ausgesetzt sein wird, weil enttäuschte Business-Class-Passagiere ihren Unmut zunächst bei ihnen kundtun werden. Eine ähnliche Situation gab es anfangs auf der Kairo-Strecke, für die Lufthansa den Umstellungsschritt auf treibstoffsparendes Kontgerät bereits zum Winterflugplan 2011/2012 getan hat.

Und daraus hat man wohl nichts gelernt. Die Flugbegleiter, die zu Leiharbeitern werden sollen, sollen den Ärger abfangen. Wäre es nicht feiner, die Kunden ausführlich zu informieren, proaktiv eine Umbuchung auf Swiss oder BA anzubieten, die ab Zürich bzw. London noch mit „3-Klassen-Interkontgerät“ fliegen? Und auch künftig bei Buchungen klar auf die schlechtere Sitzqualität hinzuweisen?

Denn wenn mich meinen Geographie-Kenntnisse nicht täuschen, handelt es sich bei dem Flug nach Tel Aviv um eine Interkontinentalstrecke und nicht um Europaverkehr. Ein fehlender Hinweis könnte da schnell irreführende Werbung werden.

Gibt es eigentlich dann für Business-Flüge nach Tel Aviv, Amman, Beirut, Cairo oder Samara, wo überall NEK droht, auch Nachlässe auf die Meilenpreise? Oder sind die Strecken im Campingstuhl genauso teuer wie Swiss-Flüge in moderner Business Class?

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Neue Business-Class unbequem?

Lufthansa hat die neue Business Class auf der ITB dieses Jahr vorgestellt. Einbauen wird Lufthansa sie in der neuen 747-8i, von der dieses Jahr fünf Maschinen in Dienst gehen sollen, sowie in den drei A330, die dieses Jahr noch ausgeliefert werden sollen. Die Bestandsmaschinen bekommen sie ab Beginn des Winterflugplans nach und nach.

Ich sehe noch die Gestik von Dr. Franz auf der Hauptversammlung vor mir, mit der er unterstrich, daß diese neue Business Class besonders komfortabel sein soll. Immer wieder strich er mit zwei Händen waagerecht durch die Luft, um zu zeigen, daß der Sitz wirklich flach ist.

Meiner Meinung nach war es ja höchste Eisenbahn, endlich einen flachen Sitz nachzurüsten, um überhaupt noch mit dem Wettbewerb Schritt halten zu können.

Doch schon meldet sich bei mir der erste Leser, der das aus seiner Sicht fragliche Glück hatte, auf einem der Testflüge mit der neuen Business Class dabeigewesen zu sein.

Im Zeitraum von Ende August 2010 bis Ende Oktober 2010 hat Lufthansa nämlich in der 1999 in Dienst gestellten 747-400 D-ABVW, getauft „Wolfsburg“, 21 „alte“ Business Class Sitze gegen 12 Prototypen der neuen Lie-Flat-Business getauscht. Die Maschine flog die Strecke Frankfurt – New York als LH400 und LH401.

Die Sitze waren zwischen den beiden Türen eingebaut und mit extra installierten Vorhängen von der restlichen Business Class getrennt worden. Die Flugbegleiter hatten den Auftrag zu verhindern, daß andere Passagiere in dieses „Unterabteil“ kommen und auch, daß die Passagiere die neuen Sitze fotographieren.

Insgesamt war der Test als vertraulich eingestuft, es sollten auch am Boden oder beim Boarden keine Hinweise an die anderen Passagiere erfolgen, daß die neuen Sitze an Bord sind.

Mittlerweile ist die Maschine wieder zurückgerüstet und hat wieder die volle, alte Business-Kapazität.

Die Sitze sollten an ausgewählte Kunden vergeben werden, die dann ein Feedback geben sollten. Der Fokus lag auf der technischen Zuverlässigkeit und dem Sitzkomfort.

Mein Leser war so ein ausgewählter Kunde. Als er angerufen und gefragt wurde, war seine Reaktion für die Testteilnahme so lakonisch, daß klar ist, er ist Lufthansa Stammkunde: „Es kann nicht schlechter sein, als auf der ‚Rutsche'“.

Und sein Fazit war vernichtend:

Der Sitzkomfort war unterirdisch, die Liegefläche war zwar gerade, aber leider uneben und im Kopfbereich gab es harte Übergänge. Nach ein paar Stunden Schlaf hatte ich starke Nackenschmerzen. Die Schale um das Kopfteil war so eng, daß man sich eingesperrt vorkam, sowie für meine Schultern zu eng. Mit knapp 2m Körpergröße bin ich nicht klein und konnte mich leider nicht auf den Rücken legen und mußte mit angewinkelten Beinen schlafen.

Immerhin kann man wohl sehr schön mit seiner Begleitung „fußeln“, blöd nur, wenn das nicht der „significant other“ ist, sondern Kollege, Chef oder Fremder.

Sein Feedback, habe ihm ein Flugbegleiter übrigens auf dem Flug rückgemeldet, wäre so von vielen Kunden gegeben worden.

So richtig vom Kunden scheint das neue Produkt nicht gedacht zu sein, wenn ich mir das anhöre. Das neue Aushängeschild der Lufthansa wiegt zwar weniger als der Sitz vorher, aber „bequem“ stand wohl eher weiter unten im Lastenheft.

Bliebt nur zu hoffen, daß die Erkenntnisse aus dem Test des Prototypen auch umgesetzt worden sind. Nur in Anbetracht der derzeitigen Kundendesorientierung der Lufthansa glaube ich nicht wirklich daran.