Konstruktiver Dialog

Als im Deutschlandradio neulich ein Lufthansasprecher sagte, man wolle keine Gerichtsverfahren mit Kunden führen und im Meilenstreit den Unmut im Dialog lösen, gingen bei mir viele Anfragen ein, wo denn der Dialog sei. Und ich selbst konnte es auch nicht glauben, daß es ihn nun geben sollte.

Doch tatsächlich ist ein Dialog entstanden, ein sehr konstruktiver, einer, den ich immer wieder vorgeschlagen hatte und dem ich mich schon deswegen nicht verschlossen habe. Einer dessen Ergebnis sich sehen lassen kann, wie der Spiegel schon verraten hat.

Zwar hat das OLG Köln die Rechtsauffassung von Lufthansa bestätigt, daß die Redemptiontabelle kurzfristig geändert werden darf. Lufthansa hat aber trotzdem eingesehen, daß eine allzu kurzfristige Preissteigerung mit dem Ziel eines Kundenbindungsprogrammes Kundenzufriedenheit zu schaffen, nicht zusammenpasst. Daher wird Lufthansa ab sofort Prämienanpassungen mit einer dreimonatigen Ankündigungsfrist kommunizieren und das auch für alle verbindlich festschreiben.

Das ist zwar ein Monat weniger als die „gewürfelten“ vier Monate des LG Köln, das ist möglicher Weise kürzer als der BGH hätte entscheiden können, aber der BGH hätte sich auch der Meinung des OLG, gar keine Frist zu gewähren, anschliessen können. So sind drei Monate meines Erachtens eine faire Lösung und vorallem ist Klarheit geschaffen. Wir Kunden wissen jetzt, auf welche Vorankündigungsfristen wir uns einstellen müssen und haben eine Aufbrauchfrist für unsere Konten, wenn wieder eine Änderung kommen sollte.

Das war das Ziel, auf das ich mit meiner Klage hingearbeitet hatte. Da Lufthansa sich nun freiwillig dazu bereit erklärt hat, eine Übergangsfrist zu schaffen, hat sich für mich die Revision erübrigt. Denn mein Ziel ist erreicht.

In den Onlinemedien, insbesondere http://www.miles-and-more.com/ soll die Änderung heute kommuniziert werden. Ob das im Kölner Karneval in den närrischen Tagen wirklich so termintreu klappt – ich wäre nachsichtig, wenn es Aschermittwoch würde. Bei bereits gedruckten Medien dauert es auf alle Fälle länger, sie jetzt einzustampfen wäre unverhältnismäßig.

Überhaupt, der Fasching könnte Sie ja befürchten lassen, das wäre nur ein Faschingsscherz, in Anlehnung an meinen letztjährigen Aprilscherz. Doch so scherzhaft ist der Fasching historisch gesehen gar nicht: Das bunte Treiben soll böse Geister austreiben. Damit ist es sogar ein sehr passender Termin, um wieder Frieden zu schließen.

Mir war sehr wichtig, daß Lufthansa nicht nur den Streit mit mir beilegt, sondern auch mit allen anderen, die in meinen Fußstapfen geklagt haben. Lufthansa hat mir zugesagt, den Dialog mit den Betroffenen zu suchen und so deren Ärger auch aus der Welt zu schaffen.

Das ist mindestens das, was von einem BGH-Urteil zu erwarten gewesen wäre. Mit einem erheblichen Zeitvorteil: Denn bis zur Verkündung hätte es leicht noch einige Jahre dauern können.

Deshalb freut mich das Gesamtergebnis, im Sinne einer schnellen, gemeinsamen, zukunftsfähigen und umsetzbaren Lösung.

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Die Revision

Ich hatte angekündigt, noch etwas mehr Informationen zur Revision zu schreiben. Wir sind mittlerweile hervorragend aufgestellt, wie ich finde.

Vor dem BGH können mich ja meine Anwälte, die Rechtsanwälte Stratmann und Bergmann nicht mehr vertreten, sondern wir müssen mit einem für den BGH besonders zugelassenen Anwalt zusammenarbeiten. Mein Anwalt bleibt natürlich dabei, denn er kennt den Fall wohl mittlerweile wie kein anderer.

Für unsere Revision hat der BGH-Anwalt Dr. Joachim Kummer bereits erklärt, das Mandat zu übernehmen.

Dr. Kummer hat bereits zusammen mit Rechtsanwalt Dr. de Riese, der auch einige andere Geschädigte im Bezug auf die Meilenentwertung vertritt, das „redpoints“-Urteil vor dem BGH erstritten. Damals hatte AirBerlin nach der Übernahme von LTU beschlossen, die LTU-„Meilen“ (redpoints) innert 6 Monaten verfallen zu lassen. Das hielt der BGH für unzulässig (BGH Xa ZR 37/09).

Dieses BGH-Urteil ist auch noch recht frisch, vom 28.1.2010. Daher ist auch kaum eine Umkehr der Rechtsprechung des BGH zu erwarten, was uns für eine Revision durchaus optimistisch stimmt.

Neben einem guten Kontakt zwischen meiner Kanzlei und Dr. de Riese melden sich bei uns auch immer wieder andere Anwälte mit häufig interessanten Hinweisen, so daß wir auf eine sehr breite Unterstützung und auch vielfältige Rechtsmeinungen aufbauen können.

Zusammen mit Ihrem Know-How, daß immer wieder über die verschiedensten Wege zu mir kommt, wie zum Beispiel der Hinweis auf die interne E-Mail, in der der Meilenschwund schon Wochen vor der Verkündung an die Kunden intern kommuniziert wurde, mit dem Hinweis, das den Kunden keinesfalls zu verraten, um eilige Flugbuchungen zu den günstigeren Prämienleveln zu vermeiden, dürften wir für die Revision hervorragend gerüstet sein.

Offiziell läuft unsere Revisionsfrist bis zum 11.2., aber wir haben uns eigentlich vorgenommen, sie im Laufe der nächsten Woche einzulegen, nachdem intern jetzt eigentlich alles vorbereitet und geklärt ist. Schließlich soll es auch vorangehen und das Verfahren in Anbetracht der vielen weiteren, wartenden Klagen nicht verschleppt werden.

Zwischenstand

In den letzten Wochen war einiges zu tun, nicht nur in Sachen des Verfahrens, aber eben auch.

So darf am BGH nicht jeder Anwalt agieren, sondern nur sogenannte „BGH-Anwälte„. Das sind Rechtsanwälte, die nur am BGH und den obersten Gerichten zugelassen sind.

Unter diesen Anwälten mußten wir, also mein Anwalt und ich, einen auswählen, der uns in der anstehenden Revision vertreten und unterstützen wird. Anwaltswahl ist Vertrauenssache, insofern mußten wir wirklich gründlich auswählen – zumal uns von Ihnen, liebe Leser, auch eine große Auswahl von BGH-Anwälten vorgeschlagen und empfohlen wurde. Ich glaube, wir haben eine sehr gut geeignete Kanzlei gefunden.

Außerdem habe ich versucht, Herr der Mailberge zu werden, die mich seit dem 1:1 und vorher erreicht haben. Ich glaube zwar, jetzt allen geantwortet zu haben, aber muß gestehen, daß ich mich da täuschen könnte. Sollte noch etwas offen sein, dann ist Ihre Mail irgendwo regelrecht in den Fluten ertrunken. Bitte schreiben Sie mir gerne nochmal.

Deswegen bin ich auch mit der Auswertung der Umfrage zum Nutzungsverhalten von Vielfliegerprogrammen noch etwas im Hintertreffen. Ich kann allerdings schon sagen, daß sowohl die Daten für die HON-Circle-Mitglieder als auch Senatoren statistisch definitiv signifikant sein dürften und auch die Teilnehmer der Umfrage für diese Gruppen repräsentativ waren.

Für FTL- und Blue-Member ist der Anteil natürlich bezogen auf deren Gesamtzahl signifikant kleiner, so daß ich hier noch nachprüfen muß, inwieweit ich da eine wirklich repräsentative Zielgruppe erwischt habe.

Eins ist jedoch klar: Mein Blog wird ausgerechnet von den umsatzstarken Stammkunden der Lufthansa gelesen. Also genau denen, den Lufthansa durch die Meilenentwertung einen Schaden zugefügt hat. Und deren Weggang, weil sie darüber verärgert sind, besonders schmerzhaft ist.

Das zeigt einmal mehr: Möglicherweise hat Lufthansa juristisch durch das OLG-Urteil aufgeholt, in Bezug auf die Kundenverärgerung allerdings noch mehr verloren. Das macht den Fortgang des Verfahrens neben den juristischen Fragen sehr interessant.

Revision zum BGH

Das OLG hat in seinem Urteil die Revision zum BGH zugelassen. Das bedeutet, daß wir innerhalb eines Monates ab Zustellung des Urteils Revision beim BGH einlegen können. Das ist zunächst recht „unspektakulär“, denn das ist eine einfache Mitteilung, die noch keiner Begründung bedarf.

Anschließend müssen wir die Revision begründen, wofür wir nochmal eine Frist haben.

Zur Begründung bietet aus unserer bisherigen Sicht das OLG-Urteil eine ganze Menge Ansatzpunkte. Da die Revision ausdrücklich zugelassen wurde, wird sich der BGH in der Revision einige – aus unserer Sicht eigenwillig entschiedene – Rechtsfragen nochmal ansehen.

Ob das Urteil, so wie es abgefasst und begründet ist, auch von „unteren“ Gerichten übernommen wird, ist schwer zu sagen. Grundsätzlich sind die Gerichte in ihrer Rechtsfindung frei, dazu gehört auch entgegen einem OLG-Urteil entscheiden zu können. Für die nachfolgenden Verfahren anderer, die in den nächsten Monaten ihre ersten Verhandlungstage habe, wird das insofern spannend. Ich rechne mit mehreren, sich widersprechenden Urteilen und damit einem „Urteilswildwuchs“, entsprechend vielen Berufungen und damit noch einiger öffentlicher und rechtswissenschaftlicher Diskussion.

Somit ist letztlich womöglich der Sieg vor dem OLG in Köln sogar eher ein Nachteil für Lufthansa. Die gewünschte Rechtssicherheit scheint mir jedenfalls gerade wegen der diskussionswürdigen Urteilsbegründung nicht erreicht.

Das scheint auch Lufthansa verstanden zu haben, wie sich aus einem Bericht des Deutschlandfunks ergibt:

Gerichtliche Auseinandersetzungen mit Kunden seien nie gut, sagte ein Lufthansa-Sprecher gegenüber unserem Programm. Man wolle nun versuchen, jeglichen Unmut im Dialog aus dem Weg zu räumen.

Schade, daß die Erkenntnis erst so spät kommt. Schon seit Dezember 2010 hatte ich Lufthansa immer wieder den Dialog angeboten. Ob Lufthansa ihn wirklich jetzt, zwei Jahre später, noch suchen wird?

Wochenrückblick und Verfahrensüberblick

Diese Woche ist der Wochenrückblick im Wesentlichen auch ein Überblick über den Verfahrensstand – bis auf meinen Artikel von Montag über ungeschicktes Umfragendesign, der hier sehr viel Resonanz gefunden hat.

Am 20.11.2012 findet am OLG Köln die Berufungsverhandlung statt. Das könnte, wenn das OLG oder der BGH die Revision nicht zulässt, die letzte Instanz sein und damit die von Lufthansa gewünschte Rechtssicherheit schaffen, auch wenn ich meine Zweifel habe, ob die Berufung wirklich das Ziel Rechtssicherheit hatte.

Wie im Montagsartikel vermutet, traf dann auch diese Woche kurzfristig noch eine Erwiderung der Lufthansa auf unsere Berufungserwiderung bei meinem Anwalt ein – die Lufthansa seit Ende August vorlag. Ein klassisches Spiel, um so zu versuchen, das letzte Wort vor der Verhandlung zu haben und den Richter nochmal auf seine Seite zu ziehen, in der Hoffnung, er könnte die Argumente der Gegenseite bis dahin schon wieder vergessen haben.

Im Schriftsatz wiederholt Lufthansa im Wesentlichen die schon bekannten Argumente aus dem Berufungsschriftsatz, die aus meiner Sicht nicht besonders tragfähig waren. Vermutlich werde ich aber vor dem Termin am Dienstag nicht mehr dazu kommen, sie hier aufzubereiten und darzustellen.

Im Beitrag vom Dienstag habe ich nochmal zusammengefasst, worum es im Verfahren ging. Und wie ich die Rechtslage einschätze.

Tatsächlich finden sich im Urteil des LG Köln einige Details, die tatsächlich verbesserungsfähig sind. Die habe ich am Mittwoch zusammengestellt. Allerdings sind das alles Fragen, die eigentlich ich als Berufungsgründe hätte bringen können. Denn für Lufthansa sind die Alternativen sämtlich ungünstiger.

Damit folgt logisch die Frage, welche Konsequenzen aus meinem Urteil für andere Betroffene erwachsen können. Denn grundsätzlich gilt ein Urteil immer nur zwischen den Parteien, andererseits aber hat das OLG eine faktische Zugwirkung, insbesondere, da andere Miles&More-Verfahren auch in dessen Gerichtsbezirk verhandelt werden müssen. Daher wäre Lufthansa gut beraten, sich in den anderen Verfahren auf Basis meines Urteils zu vergleichen, um die Angelegenheit schnell und freundlich aus der Welt zu schaffen.

Daraus folgte auch meine Handlungsempfehlung für andere Betroffene: Wer sich immer noch nicht beschwert hat, sollte jetzt langsam „in die Puschen kommen“. Ob eine Klage nötig ist oder ein freundliches Schreiben ausreicht, ist dann eine Absprache mit dem eigenen Anwalt.

Ob ich am Montag noch einen Beitrag zum Verfahren schreibe, weiß ich nicht – es stehen einige andere Sachen an, die ich vorher noch erledigen muß. Am Dienstag allerdings werde ich versuchen, relativ zeitnah nach dem Termin eine ruhige Ecke zu finden, in der ich kurz meine ersten Eindrücke für Sie zusammenfassen kann. Wahrscheinlich ist aber die Presse schneller, wenn sie wie in der ersten Instanz wieder dabei ist.

Herzlich bedanken möchte ich mich auch auf dem Weg bei allen denjenigen, die mir in der letzten Woche Glück für das Verfahren gewünscht haben.

Konsequenzen einer OLG-Entscheidung

Wenn das OLG nach der Verhandlung nächsten Dienstag seine Entscheidung verkündet, ist natürlich die Frage, was sie für andere Betroffene bedeutet.

Grundsätzlich gilt zunächst, daß jede Entscheidung nur zwischen den Parteien wirkt und keine allgemeine rechtsbildende Wirkung hat. Andererseits hat die Rechtsprechung des OLG Köln durchaus Konsequenzen, denn die Amts- und Landgerichte eines OLG-Bezirks werden in der Regel nicht der Entscheidung ihres höheren Gerichts widersprechen. Es hindert sie allerdings auch keiner daran – die Rechtsfindung des Richters ist frei. Nur wer liefert schon gerne erfolgversprechende Vorlagen für eine Berufung?

Somit ist davon auszugehen, daß die für vergleichbare Verfahren räumlich zuständigen Gerichte, also das AG Köln und LG Köln, der Rechtsprechung ihres OLG folgen werden. Dadurch entsteht durch das Urteil ein gewisser Zugeffekt, der jedem anderen, der seine Ansprüche in einer vergleichbaren Angelegenheit durchsetzen will, helfen sollte.

Die Chancen für einen erstinstanzlichen Erfolg sollten damit steigen. Das wiederum weiß auch Lufthansa und sollte sich daher, wenn der Vorstand ökonomisch handelt, nicht auf höchst wahrscheinlich erfolglose Verfahren einlassen, sondern eine außergerichtliche Lösung herbeiführen. Damit wäre das Thema dann für die Kunden und Lufthansa vom Tisch.

Man beachte: Die Prämisse ist, dem Lufthansa-Vorstand ökonomisches Handeln statt Durchsetzungszwang zu unterstellen. Ich hatte bei Dr. Franz in letzter Zeit immer wieder den Eindruck, daß diese Annahme falsch ist. Insofern ist nicht sicher, ob Lufthansa dann auch so handeln würde – obwohl es ihr wohl jeder Anwalt empfehlen würde.

Zudem hat mein Verfahren im Vergleich zu einigen späteren Verfahren einige Besonderheiten. Auf denen könnten Lufthansa versuchen herumzuhacken, um so die Anspruchsteller auszubremsen.

So habe ich schon im Dezember 2010 der Vertragsänderung widersprochen, weil ich zufällig von der Änderung erfahren habe. Damit gab es bei mir keine Chance, über die in den AGB vorgesehene „weitere Nutzung“ meiner Miles&More-Karte eine Zustimmung zu willküren.

Ein nachfolgender Kläger hätte hier zwei schlagende Argumente: Zum einen kann man einer Änderung, die nicht kommuniziert wurde, nicht durch sein Verhalten zustimmen – es ermangelt also schon wieder der Vorbedingung. Zum anderen ist es gerade in Anbetracht der von Lufthansa regelmäßig vorgetragenen breiten Verwendungsmöglichkeiten der Miles&More-Karte technisch sehr schwierig, sie nicht einzusetzen. Wer zudem eine Kreditkarte von Miles&More hat, wäre bei einer Änderung seines von der DKB-Bank im Auftrag von Lufthansa ausgegebenen Zahlungsmittels beraubt, was spätestens AGB-rechtlich die Bedingung kippen lassen würde, weil das eine mit dem anderen nichts mehr zu tun hätte.

Und dann könnte Lufthansa versuchen, die Kunden abzuwimmeln – nach dem Motto: „Wenn Sie jetzt erst ankommen, dann kann das ja so schlimm nicht sein.

Auch so ein Argument bringt Lufthansa höchstens Zeit, aber keinen Nutzen: Denn wenn die Änderung verspätet, verdeckt und ungeeignet kommuniziert wird, dann beginnt auch keine Frist zu laufen. Auch die Pressemeldungen über das Verfahren, die in mehreren Phasen erfolgten, definieren keinen Fristbeginn: Ende November 2011 gab es erste Berichte über mein Verfahren, Ende Januar / Anfang Februar 2012 Berichte über die mündliche Verhandlung, im März über das Urteil und im April dann im Zusammenhang mit der Strafanzeige. Später fand der Vorgang immer wieder Erwähnung in der allgemeinen Presseberichterstattung über Lufthansa, z.B. im Manager Magazin, so auch im Zusammenhang mit dem Flugbegleiterstreik im September.

Zu jedem dieser Zeitpunkte haben Kunden erstmals von der Meilenentwertung erfahren haben. Gerade auch dadurch, daß die Berichtskontexte und Medien jeweils unterschiedlich waren. Das konnte ich gut beobachten: Immer wieder, wenn das Thema wieder in den Medien hochkam, stiegen die Zugriffszahlen auf mein Blog und die E-Mail-Anfragen.

Mithin lassen sich gute Gründen finden, warum es jetzt erst zur Beschwerde oder Klage kommt. Denn die Frist hat mangels sauberer Kommunikation durch die Lufthansa nie begonnen. Noch viel mehr: Mangels ordnungsgemäßer Mitteilung fehlt es sogar schon an der Willenserklärung für die Vertragsänderung durch die Lufthansa.

Genau diese Argumentation hat das LG Köln schon in meinen erstinstanzlichen Urteil aufgegriffen und beantwortet, das OLG wird kaum zu einem anderen Schluß kommen.

Lufthansa könnte damit zwar versuchen, durch sinnlose Spitzfindigkeiten auch die anderen Betroffenen zu einem Verfahren zwingen.

Aus meiner Sicht wäre das allerdings höchst ungeschickt und erzeugt nur unnötige Kosten. Lufthansa täte gut daran, jetzt gegenüber „meinen Nachfolgern“ Kulanz und Problemlösewillen zu zeigen. Und damit den Kopf wieder für wesentliche Fragen frei zu haben.

Lufthansa und der Preiskampf

Lufthansa begründet die Notwendigkeit eines eigenen Billigfliegers mit den angeblich ruinösen Preisen in der Luftfahrt. Doch sind die „Gott gegeben“?

Es scheint nicht so: In Österreich wurde von Lufthansa die Niki, eine Tochter der AirBerlin, auf einigen Strecken mit so billigen Preisen drangsaliert, daß sie immer wieder Strecken einstellen mußte, weil sie nicht profitabel waren. Die Austrian (AUA) wurde dann, angeblich wegen mangelnder Profitabilität, in die Tyrolean überführt. Mit erheblichen finanziellen Auswirkungen auf die Mitarbeiter.

Jetzt wurde mir ein Schreiben von AirBerlin-Vorstandsvorsitzenden Hartmut Mehdorn weitergeleitet, in dem er treffend schreibt:

Doch gesunder Wettbewerb findet seine Grenzen, wenn ohnehin schon günstige Ticketpreise systematisch unterboten werden. Die Strecke Frankfurt-Hamburg ist da ein eindrucksvolles Beispiel:
Die klassische Hochpreisstrecke war nach dem Markteintritt von airberlin im Herbst 2009 kaum wiederzuerkennen. In der Zeit, in der airberlin diese Strecke flog, wurden unsere Preise konstant unterboten, bis die Verbindung für uns nicht länger tragbar war. Anschließend schossen die Preise in die Höhe, um auf der nunmehr konkurrenzlosen Strecke den Ertrag zu maximieren.

Tatsächlich findet sich auf Strecken, auf denen AirBerlin unterwegs ist, meist ein Schnäppchen, auf nicht so umkämpften Strecken – zum Beispiel auch München-Bremen – sind die Tickets teurer.

Man mag zu diesem Preiskampf stehen wie man mag, es gibt tatsächlich viele Argumente dafür und dagegen. Die Diskussion möchte ich gar nicht führen.

Wichtiger ist: Wer bewußt einen Preiskrieg anzettelt und versucht, dem Wettbewerb die Kunden rein über den Preis abzujagen, dabei durchaus das Ziel hat, dem Wettbewerber zu schaden, der darf sich nachher nicht beschweren, daß sein Geschäft nicht profitabel läuft.

Denn die fehlende Profitabilität war für ein längerfristiges Ziel, nämlich den Wettbewerber zu zerstören, billigend in Kauf genommen.

Es ist dann äußerst unanständig, die (höchstens teilweise) höheren Gehälter der Mitarbeiter für die fehlende Profitabilität verantwortlich zu machen. Denn die Mitarbeiter haben nicht die unternehmerische Entscheidung getroffen – und tragen sie möglicher Weise auch nicht.

Mir scheint, daß Dr. Franz konsequent vergisst, daß es noch wesentlich mehr Möglichkeiten der Marktsegmentierung gibt, als nur den Preis.

Vor ein paar Jahren kannte Lufthansa diese Möglichkeiten noch. Das Kundenbindungsprogramm war ein Teil davon, ein konsistentes, anständiges Produkt ein weiterer. Darauf kam dann noch ein Service, auf den man sich gerade in Ausnahmesituationen verlassen konnte. Ein echter Mehrwert für die, die oft fliegen müssen. Doch genau die Tugenden von Lufthansa, für die viele bereit waren, mehr zu zahlen, wurden abgeschafft. Und damit ist Lufthansa jetzt beliebig austauschbar – gegen jeden Billigflieger. Dadurch bleibt tatsächlich nur noch der Preis als Differenzierungsmerkmal.

Gleichzeitig ist der Preis mittlerweile so niedrig, daß Fliegen die billigste und schnellste Alternative ist. Wer mit dem Auto München Hamburg fährt, verbraucht bei ca. 6 l pro 100 km für 1,60 € pro Liter return ca. 150 €. Dazu kommt noch der Verschleiß, das Finanzamt rechnet daher 0,30 € / km, das wären 480 € return. Die Fahrzeit beträgt einfach meiner Erfahrung nach rund 8 Stunden.

Die Bahn will regulär return ca. 270 €, die Fahrzeit einfach sind knapp 6 Stunden.

Ein Flug dauert eine Stunde, spart also im Vergleich zu Bahn und Auto mindestens einen Tag – und kostet return ab 99 €.

Es erinnert ein bißchen an die alten Preisstrukturen der Bahn – da war der längste und langsamste Reiseweg auch oft der teuerste und der schnellste der billigste. Der Zeitvorteil wird also zusätzlich durch einen Preisvorteil incentiviert.

Da ist es sogar zu zweit fast billiger zu fliegen als zu fahren. Und spätestens jetzt müßte jeder Airline auffallen, daß der Preiskampf das Preisgefüge am Markt und die realistisch zu erzielenden Preise bereits weit hinter sich gelassen hat. Sogar Dr. Franz sagte neulich, daß fliegen wieder teurer werden müsse – und gründet jetzt einen Billigflieger.

Wie kann man sich nur selbst so aus dem Rennen schießen?

Rückmeldungen zur Vergleichsfrage

Am 8.8. hatte ich berichtet, daß ein Termin für die Berufungsverhandlung feststünde, der mittlerweile ja wieder verlegt worden ist, auf den 20.11.12. Dabei habe ich auch meine Sicht auf das Verfahren dargestellt, insbesondere die Frage, ob noch ein Vergleich möglich ist und Sie um Ihre Meinung und Vorstellungen dazu gebeten.

Ihre Meinungen interessierten mich, weil mein bisheriger Einsatz immer auf eine Gesamtlösung abzielte, es aber nach Angaben meiner Anwälte in jeder Prozessphase zu einer gütlichen Einigung kommen kann. Die Gerichte sollen das immer versuchen. Daher spielt diese Frage sehr wahrscheinlich auch vor dem OLG Köln eine Rolle. Ich hatte Sie gefragt, was Sie als Ergebnis im Sinne einer Gesamtlösung erwarten würden.

Die Rückmeldung zu Ihren Vorschlägen schulde ich Ihnen noch.

Es war eine erstaunliche Bandbreite dabei. Einige Leser forderten mich auf, unbedingt weiter zu prozessieren, denn Lufthansa sei nicht zu trauen. Diese Leser befürchteten augenscheinlich, daß sie dann ihre Ansprüche gegenüber Lufthansa nicht durchsetzen können, anders als bei einem Urteil: Weitere Verfahren am örtlich zuständigen AG oder LG Köln würden sehr wahrscheinlich der Rechtsauffassung des OLG Köln folgen, damit sei der zu befürchtende Widerstand geringer.

Andere sahen das pragmatischer: Solange sie ihren Schaden ersetzt bekommen, am einfachsten in Form eines pauschalen Aufschlags auf ihren Meilenkontostand vom 3.1.11, hätten sie keinen Grund zur Klage mehr. Alternativ könnte LH die Änderung zurückrollen und die bereits überzahlten Meilenflüge rückerstatten, wobei viele das für die umständlichere Lösung hielten. Auch eine doppelte Kontoführung, wie sie das LG Köln im Urteil vorschlägt, erscheint vielen nicht praktikabel.

Allerdings wären sie von dem Hickhack mit Lufthansa überwiegend so erzürnt, daß sie sich noch eine Entschuldigung wünschten. Und da ist die Bandbreite groß: Es reichte von (mittlerweile auch entwerteten) Upgradevouchern über Lounge-Upgrade- oder „Mitnahme“-Voucher bis hin zu Statusverlängerungsvouchern. Letztere damit argumentiert, daß man ja, wegen des Ärgers, nicht mehr oder deutlich vermindert Lufthansa geflogen sei und daher auch weniger Statusmeilen gesammelt hätte.

Diese Kunden scheinen alle auch aus Unternehmensicht gedacht zu haben: Diese Entschuldigungsvorschläge sind mit vermutlich relativ geringen Zusatzkosten für Lufthansa umsetzbar, haben aber einen hohen symbolischen Wert.

Eindrucksvoll fand ich den Vorschlag, daß eine geeignete Entschuldigung auch sei, die Prämienverfügbarkeit zu verbessern: Solange es noch Sitzplätze gibt, soll es auch Prämientickets geben. Das wäre transparent, nachprüfbar und würde wieder Vertrauen schaffen.

Die Rückmeldungen zeigen, daß der Konflikt der Kunden mit Lufthansa zwei Ebenen hat: Einmal die materielle, die fortwährende Entwertung ihrer Statusvorteile und Meilenkonten, auf der anderen aber, und das dürfte viel schwerer wiegen, die emotionale: Das zerstörte Vertrauen und den Mißbrauch der lange gewährten Loyalität.

Der Imageschaden ist deutlich, die Kundenabwanderungstendenz auch, und damit der Vertrauensschaden. Wenn Kunden darauf drängen, daß ein Urteil gesprochen wird, das auch für künftige Veränderungen als Referenz dienen kann, dann zeigt das, daß man Lufthansa aktuell nicht langfristig zutraut, sich fair zu verhalten.

Auf der Meilenschwund-Facebook-Seite kleidete das ein Kommentar zu meinem heutigen Artikel in knackige Worte:

Die Art und Weise wie LH seit einiger Zeit Geschäfte macht, erinnert mich an die Methoden schmieriger Gebrauchtwagenhändler

Leider bestätigt Lufthansa selbst dieses Mißtrauen – da werden per FAQ Änderungen als „rechtmäßig“ bezeichnet, anstatt auf Kundenkritik einzugehen. Lufthansa müßte wieder offener und greifbarer werden, zu Fehlern stehen, damit Vertrauen wieder entstehen kann. Echte Kommunikation mit den Kunden statt Textbausteinen aus dem Kundenmonolog dürften dabei viel helfen.

Ein Urteil kann nur den materiellen Schaden ausgleichen, die Kunden nehmen den Schadenersatz, verfliegen ihre Meilen und sind weg. Die Kunst wird es sein, das Vertrauen und damit die Kunden mit ihrer fast schon irrationalen Loyalität zurückzugewinnen.