Am Montag fand in München eine Veranstaltung mit Flugbegleitern statt, auf der Dr. Franz endlich in Dialog treten wollte. Dabei hat ihn wohl ein Teilnehmer gefragt, ob er Visionen für die Zukunft der Lufthansa habe. Dazu soll Dr. Franz das schon recht ausgelutschte Zitat von Helmut Schmidt wiedergekäut haben: Wenn er Visionen hätte, gänge er zum Arzt.
Herr Dr. Franz, wir haben ja schon gesehen, daß Sie Strategie mit operativer (Spar-)Hektik verwechseln, aber daß Sie nun auch zugeben, Lufthansa völlig visionslos zu führen, das finde ich erschreckend. Zumal Sie sich auch hier – wie Helmut Schmidt – offensichtlich über die Wortbedeutung unklar sind.
So schreibt das Online-Wörterbuch Pons.eu:
Vision: „eine richtungweisende, erneuernde Zukunftsvorstellung“
Ich habe, Ihnen zu liebe, auch mal meinen Duden, Band 5, Fremdwörterbuch, bemüht:
Vision (…) in jmds. Vorstellung bes. in Bezug auf die Zukunft entworfenes Bild
Der Duden, Band 10, Bedeutungswörterbuch, unterlegt das sogar noch mit Beispielen:
die Vision eines geeinten Europas; sie wollte ihre künstlerische, politische Vision verwirklichen
und nennt als Synonyme: „Utopie, Vorstellung“.
Eine Vision im unternehmerischen Sinne, nicht im pathologischen, ist also ein Zukunftsbild für die Lufthansa. So wie Steve Jobs 1976 die Vision eines Personal Computers umsetzte, von der noch 1977 (wenig visionär) Ken Olson, der damalige Chef von DEC, meinte, es gäbe keinen Grund, warum jemand einen Computer zu Hause haben wollte.
Aus diesen Visionen entstehen dann Strategien. Von denen wir wissen, daß Sie, Herr Dr. Franz, ohne sie auskommen.
Übrigens auch Ihr Vorgänger, Wolfgang Mayrhuber, hatte Visionen und daraus Strategien für Lufthansa entwickelt. Er wollte Lufthansa durch Zukäufe international stärken und in neue Märkte vorstossen. Manches hat davon geklappt, anderes nicht. Aber immerhin hatte er den Mut, mehr zu machen, als nur, wie Sie auf der Hauptversammlung ankündigten, auf den Markt zu reagieren.
Unternehmerisches Handeln bedeutet nicht nur die Gegenwart zu verwalten, sondern auch eine Zukunft auszudenken. Das gilt natürlich auch für Politiker, auch die sollen eine Zukunft gestalten und nicht die Gegenwart verwalten.
Sparen ist Gegenwartsverwaltung, dabei entsteht nichts für die Zukunft. Aber genau diese Zukunft interessiert Ihre Aktionäre, Mitarbeiter und Kunden.
Herr Dr. Franz, was sind denn nun Ihre Zukunftsvorstellungen und Ihre daraus abgeleitete Strategie für Lufthansa?