Münchens dritte Bahn

Vor einem Vierteljahr noch polterte Lufthansa, daß man den Flug München – Singapore – Jakarta hätte streichen müssen, weil in München ein Bürgerentscheid die 3. Startbahn vorläufig auf Eis gelegt habe – nicht unter Eis, wie auf Sylt neulich.

Schon damals war klar, daß schon allein aus Zeitgründen die Streckenstreichung kaum auf die Entscheidung zur Startbahn zurückfallen kann. Zudem kam neu ein Flug nach Kapstadt nach München, der diese Woche das erste Mal abhob. Und ab dem Sommerflugplan geht es dann auch noch nach Vancouver.

So schön die neuen Strecken und Ziele sind, hätte Lufthansa nicht einfach vor einem Vierteljahr ehrlich sein können und zugegeben können, daß die Auslastung und / oder der Ertrag auf der Singapore-Strecke nicht hoch genug ist, statt die Schuld auf Dritte zu schieben?

Das politische und wirtschaftliche Interesse von Lufthansa an der dritten Bahn ist ja nachvollziehbar, genauso wie die Proteste der Anwohner. Aber gerade eine falsche Argumentation vernichtet Glaubwürdigkeit und kippt Wasser auf die Mühlen der Gegner. Das ist genauso unfein, wie während Verhandlungen Fakten schaffen oder gar zu drohen, wie es auch in München geschah, mit der vorgeblichen Streichung von Flügen. Damit wird es wesentlich schwerer am Verhandlungstisch eine Lösung zu finden.

Warum diese Eskalationsstrategie, Herr Dr. Franz?

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Dritte Startbahn und Nachtflugverbot

Es ist schon komisch: Aktuell streicht Lufthansa angeblich den Flug München-Singapore-Jakarta (MUC-SIN-CGK), weil München aufgrund der fehlenden dritten Startbahn überlastet sei. Das sei die Folge des Bürgerentscheids.

Das ist natürlich logisch, schließlich ist so ein Bauvorhaben wie eine zusätzliche Startbahn weder aufwendig noch komplex, sondern ruckzuck erledigt. Ganz klar, sie wäre auch schon zum Winterflugplan 2013 fertig gewesen und hätte damit eine Kapazitätsausweitung am Münchner Flughafen über Nacht möglich geworden.

Die Realität sieht anders aus: Laut Süddeutsche Zeitung ist eine Bauzeit von 8 Jahren geplant, denn es wird nicht nur eine neue Runway nebst Taxiways angelegt, sondern es müssen Straßen verlegt werden, Tunnel gebaut und ein zusätzlicher Satellit B an das Terminal 2 angebaut werden.

Damit hätte vor 2020 die Erweiterung keinen positiven Effekt auf den Flugbetrieb, möglicher Weise gibt es zwischendurch sogar temporäre Einschränkungen, weil der Anschluß der neuen Runway hinter der aktuellen 26R/08L gebaut wird.

Die Einstellung dieses Fluges auf den Bürgerentscheid in München zu schieben, ist also völliger Unsinn.

Dazu kommt noch, daß auch andere Flüge in ihrer Kapazität beschränkt wurden. Das passt zu Lufthansas Ziel, eine bessere Auslastung der Maschinen zu realisieren. Bei konstanter Kundenzahl lässt sich das nur durch eine Reduktion der angebotenen Sitzplätze erreichen. Für die Theorie spricht, daß auf einigen Strecken im Winterflugplan auch kleinere Flieger eingesetzt werden sollen.

Wenn München so in den Kapazitäten beschränkt sein sollte, wieso hat dann Lufthansa vor wenigen Wochen lautstark den Flug Frankfurt Kapstadt (FRA-CPT) auf München Kapstadt umgestellt? Da mußte noch als Begründung das Nachtflugverbot in Frankfurt herhalten.

Man mag ja zur Erweiterung des Flughafens in München und zum Nachtflugverbot in Frankfurt stehen, wie man will. Es gibt tatsächlich für beide Seiten – sowohl die Gegner als auch die Befürworter – gute Argumente. Aber einfach plump und dreist die Bürger für blöd verkaufen und ihnen erzählen, daß aktuelle Einschränkungen des Flugplans, die vermutlich eher der wirtschaftlichen Lage der Lufthansa geschuldet sind, Folgen des Nachtflugverbotes und des Neins des Münchner Bürgerentscheids sind, ist schon reichlich unverschämt.

Es mag ja Lufthansa politisch wichtig sein und es steht ihr auch zu, Aufmerksamkeit für ihr Problem zu gewinnen – aber dann doch bitte mit sachlichen und glaubwürdigen Argumenten. Davon gibt es genug.