Gestern abend noch habe ich an Lufthansa meinen Gegenantrag gefaxt. Ich schlage vor, die Entlastung des Vorstandes auf der Hauptversammlung zu vertagen und begründe das mit zwei Argumenten.
Das Erste ergibt sich unmittelbar aus meinem Verfahren. Ich habe hier den Text, anders als in der eingeschickten Version, mit Links unterlegt, die zu jeweils passenden Artikeln in meinem Blog führen.
Der Vorstand der Lufthansa hat Maßnahmen beschlossen, die im abgelaufenen Geschäftsjahr wirksam wurden, die dazu führten, daß das Miles&More-Programm aus Kundensicht erheblich an Wert verloren hat.
Auch im bereits begonnen Geschäftsjahr wurden weitere Veränderungen des Miles&More-Programmes umgesetzt und angekündigt, die zusammen mit der Entwertung des Miles&More-Programmes im vergangenen Geschäftsjahr gerade die besonders loyalen und guten Kunden mit HON- und Senator-Status zum Nachteil betreffen. Darüber sind diese Kunden in besonderem Maße verärgert. Zahlreiche Kunden haben sich meiner Kenntnis nach daher sowohl bei Lufthansa als auch mir beschwert. Mir gegenüber haben viele mitgeteilt, so wie ich künftig bei ihrer Reiseplanung daher auf Angebote des Lufthansa Konzerns gänzlich zu verzichten.
Für die Lufthansa bedeutet diese Maßnahme einen Verlust von ausgerechnet den Kunden, die sowohl einen wesentlichen Anteil am Umsatz haben als auch die Marke repräsentieren. Dieser Verlust, der auch mit einem Imageverlust verbunden ist, dürfte schwer zu kompensieren sein.
Die im Rahmen der Verteuerung von Flugprämien und der damit einhergehenden Entwertung der Meilenkonten der Kunden vorgenommenen Änderungen wurden zu kurzfristig kommuniziert, als daß die Kunden noch eine Möglichkeit hatten, Meilen zu den alten, günstigeren Konditionen einzulösen.
Darüber haben sich etliche Kunden, darunter wiederum viele mit HON- und Senator-Status beschwert. Der Vorstandsvorsitzende war persönlich in die Angelegenheit involviert und hat sich auch auf das Risiko eines mittlerweile erstinstanzlich, allerdings noch nicht rechtskräftig verlorenen Gerichtsverfahrens eingelassen, das zu einem erheblichen öffentlichen Interesse mit intensiver medialer Berichterstattung führte.
Schon allein deswegen ist sowohl bei den geschädigten Kunden als auch in der Öffentlichkeit der Ruf der Lufthansa beschädigt worden.
In Folge dieses Verfahrens vor dem LG Köln wegen Abwertung der Meilenkonten zum 03.01.2011 stellte sich nun heraus, dass die mangelhafte Kommunikation wohl voll beabsichtigt war, gerade um den Kunden keine Einlösung zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang erging inzwischen eine Strafanzeige wegen des Verdachts auf Betrug.
Da noch unklar ist, welchen Schaden der Vorstand der LH damit verursacht hat und ob eine strafbare Handlung vorlag, beantrage ich die Entlastung des Vorstands für das Geschäftsjahr 2011 zu vertagen. Erst nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens und dem endgültigen Abschluss des Verfahrens um die Meilenentwertung lässt sich beurteilen, ob der Vorstand im Sinne der Anteilseigner gehandelt hat.
Für eine mögliche Straftat eine Entlastung zu gewähren, kann nicht im Interesse der Anteilseigner sein. Genauso wäre eine vollständige Verweigerung der Entlastung aufgrund der gesetzlichen Unschuldsvermutung unpassend.
Daher beantrage ich die Vertagung der Entscheidung.
Weiterhin habe ich mir hier schon öfters Gedanken um den Bilanzwert der Meilen gemacht und dabei festgestellt, daß ich mir die Wertentwicklung vor dem Hintergrund der Abwertung kaum erklären kann. Die Berechnungsansätze sind so vielfältig, daß ohne Angaben des Vorstandes keine Überprüfung möglich ist. Diese Informationen waren aber bisher nicht zu erlangen.
Also muß sich der Vorstand auf der Hauptversammlung dazu erklären. Da es dabei auch um bis zu 4 Milliarden € geht, das ist rund 32 mal mehr als dieses Jahr als Dividende ausgeschüttet werden soll, ist die Berechnung hochgradig relevant. Damit begründe ich weiter, dem Vorstand die Entlastung vorläufig zu verweigern.
Zum Thema der Meilenbewertung in der Bilanz werde ich übrigens die nächsten Tage noch einige Beiträge verfassen und versuchen, verschiedene Rechenmodelle zu ergründen. Da freue ich mich auf Ihr kritisches Feedback, Ideen und Gedanken.
Im Übrigen stimme ich Herrn Dietrichs Ausführungen im Gegenantrag A zu Tagesordnungspunkt 7 zu. Lufthansa hat auf Nachfrage bislang nicht mitgeteilt, wie der Bilanzwert der Meilen konkret errechnet wird.
Im Verfahren LG Köln 14 O 245/11, das die Lufthansa-Pressesprecher in den Medien regelmäßig mit dem Verfahren wegen der Meilenentwertung verwechseln, hat Lufthansa durch Anwaltsschriftsatz mitteilen lassen, daß eine Meile einen Wert von 2,77 €-Cent habe.
Daraus ergibt sich bei 201 Milliarden bilanzierten Meilen ein Gesamtwert aller Meilen von 5,6 Milliarden €.
Allerdings finden sich derzeit in der Bilanz lediglich Gegenwerte für Meilen im Gesamtwert von 1,6 Milliarden €.
Eine unerklärte Differenz von 4 Milliarden € ist aus meiner Sicht ein weiterer Anlaß, bis zu einer Aufklärung dem Vorstand die Entlastung vorläufig zu verweigern. Hier kann ein möglicher Weise neu bestellter Wirtschaftsprüfer den aktuellen Bewertungsansatz überprüfen.
Der Vorstand ist für die Bilanz und die einzelnen Positionen verantwortlich. Unklarheiten in diesem Umfang sind nicht entlastbar.
Auch daher beantrage ich bis zum Abschluß der Überprüfung die Vertagung des Tagesordnungspunktes „Entlastung des Vorstandes“.
Natürlich fallen mir noch viel mehr Fragen an den Vorstand ein, so zum Beispiel das aktuelle Geschehen bei der AUA, wieso Dr. Franz einerseits um Regierungshilfe bittet, andererseits aber schlecht mit den Kunden umgeht, die Fehlinvestition aus Kundensicht in die Neue Europakabine, die Loyalität zu den Vertriebspartnern oder auch die Frage, ob Lufthansa nun ein Low-Cost-Carrier oder Premiumanbieter ist. Doch einerseits wollte ich den Gegenantrag nicht überfrachten und andererseits als „Mr. Meilenschwund“ bei meinem Thema bleiben. In das habe ich mich wenigstens mittlerweile einigermaßen einarbeiten können.
Aber das heißt ja nicht, daß nicht noch andere Gegenanträge stellen. Die Frist dazu endet am 23.04.2012 um 24:00 MESZ, Voraussetzung dazu ist der Besitz mindestens einer Aktie. 
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