Werbespot: Business Class unbequem

Lufthansa hat einen neuen TV-Werbespot für die Business Class: „Because people like lying down“, den Kolle Rebbe umgesetzt hat.

Der Spot ist erfrischend ehrlich, so kenne ich weder Lufthansa noch Werbung: Der ganze Spot betont, wie wenig komfortabel die Liegemöglichkeiten in der neuen Lufthansa Business Class sind.

Statt kuschlige Betten, Hängematten, Hamam-Liegen, Couches usw. liegen die Darsteller auf Hafenpollern, zwischen Regalen, auf Rolltreppen, Betonboden, Glastischen, Kopf nach unten auf einem breiten Steingeländer oder in einem massivem Hohlkreuz in dem Zahn eines Mammuts.

Bis auf einen, der auf einem Sprungbrett mit genialer Sicht relaxt, wirkte auf mich jede Haltung zwar teils sportlich anspruchsvoll, aber keine wirklich entspannend.

Und damit wirbt man für das „Hotel über den Wolken“, wie Lufthansa vor kurzem noch die Business Class anpries? Der Vorstand scheint sich die Erkenntnisse aus dem offenen Brief an die Mitarbeiter zu Herzen genommen zu haben, anders lässt sich diese Kehrtwende nicht erklären.

Eine perfide Eleganz, mit der Kolle Rebbe diese Erkenntnisse umsetzt: Zunächst die „niedlichen Federn“ eines Raubvogels, über die der Zuschauer vergessen soll, es mit einem Beutegreifer zu tun zu haben. Eine subtile Anspielung auf die Entwertung des Miles&More-Programmes in Salamitaktik, wie sie derzeit aus kurzfristiger Sparabsicht praktiziert wird.

Dabei hätte ein junger Albatros, ein Vogel, der für seine Monogamie und damit Loyalität und Treue bekannt ist, auch ein „niedliches“ Gefieder. Und wie war das mit der Loyalität zum Kranich, die Lufthansa angeblich auszeichnet? Aufgekündigt, so wie die zu den Kunden?

Und dann dieses geschickte Hervorstellen des Liegens im aktuellen Spot, ohne je zu versprechen, daß es komfortabel sein könnte. Ganz im Gegenteil, die Werbung spielt auf die Schwächen des Produktes an.

Dazu dieser Claim „nonstop you“, der an Schleckers „For you vor Ort“ kurz vor deren Konkurs erinnert.

Besser kann man eigentlich gar nicht den desolaten Zustand des Unternehmens als Werbeagentur transportieren. Und der Vorstand merkt noch nicht einmal das.

Herr Weber, wie lange lassen Sie als Aufsichtsratsvorsitzender das noch zu?

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FlyNet sei Servicevorteil – wenn’s geht

Dr. Franz erklärte auf der Hauptversammlung, man wolle mit der neuen Business-Class und FlyNet bei den Kunden punkten. Gut, ohne die neue Business Class hätte es ja gar keine Chance bei den Kunden mehr gegeben.

Es gibt innovative Produkte, die Kunden fesseln – das iPhone, iPad oder eine Rückfahrkamera, Spurhalteassistent oder Kaffeevollautomaten und Nespresso. Und irgendwann sind die Innovationen dann Standard. Wer den nicht bieten kann, ist unten durch. Vor mehreren Jahren war ich in der Austrian Business begeistert, zwischen verschiedenen „echten“ Kaffees wählen zu dürfen, bis dahin gab es nur Filterkaffee. Wer heute noch Filterkaffee in der Business anbietet, wird wegen des schlechten Caterings belächelt.

So ist das auch mit den Sitzen. Ein Full-Flat-Business-Sitz, den gibt es beim Wettbewerb schon lange. Ich überlege gerade, in welcher Airline ich im letzten Jahr so schief lag wie bei Lufthansa. Mir fällt keine ein.

Den mußten Sie einbauen, Herr Dr. Franz, damit Ihre Lufthansa nicht den Bach runter geht. Gerade noch rechtzeitig.

Also keine Innovation, die sich großartig anpreisen lässt. Vielmehr eine nötige Reaktion.

FlyNet ist so ähnlich. Internet im Flieger zu höchsten Preisen. Nice to have. Aber ganz ehrlich – danach werde ich meine Airline nicht auswählen, zumal es jetzt schon zum Standard wird. Emirates zum Beispiel hat auch schon WLAN. Abgesehen davon, daß bei Lufthansa FlyNet auf den A380 und über China eh noch nicht läuft.

Der flache Sitz in der Business dagegen, der ist gerade bei Nachtflügen kaufentscheidend. Und der braucht noch einige Jahre. Die erste 747-8i hat ihn, die anderen Maschinen müssen umgerüstet werden. Das geht nicht von heute auf morgen.

Womöglich enttäuschen Sie sogar Kunden, weil sie den neuen, flachen Sitz versprechen – aber noch nur auf wenigen Routen anbieten. Genauso wie beim FlyNet im A380?

Ihre First-Class-Kunden finden es übrigens auch irritierend, für FlyNet noch im Flug zahlen zu müssen. Champagner inklusive, Netz kostet extra? Kleiner Tip: Schenken Sie beim Einsteigen den First-Kunden einfach einen 24-Stunden-Internet-Voucher. Kleine Geste, große Wirkung.