HON-Circle schrumpfen

Angeblich sei das Ziel der Reduktion des HON Circles auf 1/4 der aktuellen Teilnehmerzahl ein Gerücht, sagte Dr. Franz auf der Hauptversammlung. Aber glaubwürdig ist das nicht, denn viele Maßnahmen zielen genau darauf ab:

HON Circle Meilen gibt es nur noch auf Business und First Flügen. Selbst wer innerdeutsch oder innereuropäisch den minimalen Zusatzkomfort der Lufthansa Neue Europa-Businesskabine kaufen möchte, kann das gar nicht mehr immer: Denn viele Strecken sind auf Germanwings übergegangen. Dort gibt es keine Business. Also auch keine HON Circle-Meilen für innereuropäische Flüge.

Auf der anderen Seite will Lufthansa die First Class Strecken reduzieren, Maschinen werden auf eine Zwei-Klassen-Konfiguration zurückgerüstet. Damit wird der für den Erhalt des HON-Status nötige Meilenerwerb in der First Class auch erschwert.

In der Business Class gibt es durch die „Spreizung des Meilen-Accruals“ auf günstige Tickets deutlich weniger Meilen. Nun wird aber ein ökonomisch denkender Kunde, der bei Verfügbarkeit First Class gebucht hätte, nicht allein wegen der Meilen ein teures Business-Ticket einem günstigen vorziehen. Denn außer der Umbuchbarkeit bietet die teurere Klasse keine Vorteile.

Denn die Entscheidung für ein flexibles Ticket ist letztlich eine Versicherungsfrage: Der Aufpreis ist die Versicherungsprämie für die eventuell nötige Umbuchung. Das individuelle Umbuchungsrisiko kennt der Kunde am Besten, das Kostenrisiko ist die Summe aus Umbuchungsgebühr und maximaler Preisdifferenz, mithin einschätzbar.

Genauso, wie sich viele eine teure Vollkasko für ein „wertloses“ Altauto sparen, weil die Prämie das Risiko übersteigt, wird sich für die meisten Kunden der Aufpreis nicht lohnen – wenn man nicht gerade in behördlichen Strukturen steckt, die in pathologischem Behördenspardenken zwar ein flexibles Ticket bezahlen, aber bei kostenpflichtigen Umbuchungen eines fixen Tarifs die dienstliche Notwendigkeit in Frage stellen.

Kurz, wer ökonomisch handelt, wird nicht zwanghaft wegen eines zusätzlichen Meilengegenwertes von ein paar Euro das teurere, flexible Ticket kaufen. Auf der Strecke Frankfurt Bangkok z.B. geht es um 2799 Meilen pro Richtung, zum aktuellen Bilanzwert sind das 22,39 €.

Die „Versicherungsprämie“, also die Preisdifferenz minus der Meilenvorteile für die Umbuchbarkeit liegt damit im günstigsten Fall bei ca. 1000 €. Und deckt noch nicht einmal alle Fälle ab, denn umbuchbar sind auch die Klassen C und D. Doch nur, wenn C und D noch verfügbar sind, sonst muß der Aufpreis auf J gezahlt werden. Gerade bei kurzfristigen Änderungen sind C und D oft schon „vergriffen“.

Es ist also ein Rechenexempel: Kann man immer günstig in P oder Z buchen und muß nur jedes zweite oder dritte Mal umbuchen, ist es in Summe günstiger, statt Umbuchung ein neues Ticket zu kaufen, als vorsorglich jedes Mal J für die Flexibilität zu wählen.

Das lässt sich auch an den Zahlen im Downgrade-Beispiel FRA-TLV sehen: ca. 4.500 € für Business J, ca. 2.000 € in Business Z.

Eine weitere Sammelerschwernis für HON-Circle-Meilen: Auch bei Lufthansa Private Jet gibt es für die Mitflieger keine Meilen mehr, nur der „Hauptgast“ bekommt ein paar wenige. Ein eigentümlicher Ansatz. Zumal der Private Jet als eine Art Kurzstrecken-First und exklusiv vermarktet wird.

Die Ursache für diese Restriktion ist einfach: Es gab Spezialisten, die über Private-Jet-Flüge in Gruppen ihre HON-Meilen gesammelt haben. Und nur zu dem Zweck in die Luft gegangen sind. Dem will man einen Riegel vorschieben. Aus dem möglicher Weise irrationalen Verhalten Einzelner folgt eine Strafe der loyalen Kunden. Ist das wirtschaftlich?

Alles zusammen führt dazu, daß HON Meilen schwerer zu erreichen sind. Damit will Lufthansa angeblich die Exklusivität erhöhen und das Serviceniveau sichern, gleichzeitig streicht sie aber Buchungsgarantien und gewährt nur eingeschränkte Statusvorteile auf Germanwings-Flügen.

Das widerspricht sich: Entweder zusätzliche Exklusivität für besseren Service und deswegen erschwerte Bedingungen oder Servicekürzungen. Aber doch nicht beides zugleich?

Kein Wunder, daß die HON Circle Mitglieder dann zum Wettbewerb gehen. Mit erheblichen Einsparpotential bei mindestens 300.000 Flugmeilen pro Jahr, denn Lufthansa gehört zu den teuersten Anbietern.

Damit verschenkt Lufthansa den letzten Wettbewerbsvorteil: Die Irrationalität durch Miles&More.

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Miles&More Neukunden getäuscht?

Lufthansa hat immerhin am 1.4. auf deren Webseite angekündigt, bei Lufthansa-, Swiss- und Austrian-Flügen in den Business-Buchungsklassen P und Z weniger Meilen zu gewähren. Heimlich, während des Streiks, kamen dann auch die anderen StarAlliance-Partner dazu – auch dort gibt es nun weniger Meilen in bestimmten Business Buchungsklassen.

Das hält Lufthansa nicht davon ab, weiter auf der Miles&More-Webseite, beim Überblick über die Statuslevel, dort in Fußnote 3, frech zu behaupten:

Auf weltweiten Flügen: Doppelte Meilen für Business Class Flüge, dreifache Meilen für First Class Flüge.

Was gilt denn nun? Wie kann sich ein Kunde da noch verlässliche Informationen beschaffen, wenn sich sogar die offizielle Miles&More-Webseite widerspricht?

Zusammen mit der „First-Class-wird-zu-Business“-Angelegenheit, dem Business-Economy-Online-Downgrade und vielen anderen Miles&More-Entwertungsaktionen in der Vergangenheit mit der per FAQ behaupteten Rechtmäßigkeit und der neuen, wieder vertragswidrigen Erhöhung der Meilen für Steuern & Gebühren in Europa hinterlässt Lufthansa nicht den Eindruck eines Unternehmens mit seriöser Kundeninformation.

FRA-TLV mit A321: Zynisch in Passage Magazin

Im aktuellen Lufthansa Passage Magazin 04/12, einer Mitarbeiterzeitschrift, die mittlerweile nicht mehr offen im Netz steht, erklärt Lufthansa auf Seite 17 den Mitarbeitern, warum statt Tel Aviv (TLV) ab dem kommenden Winterflugplan von Frankfurt (FRA) statt mit der A330 mit der A321 angeflogen werden soll.

Es sind klare Kostenargumente: 45% weniger Treibstoffverbrauch, dabei kann dahingestellt bleiben, was der Beitrag offen lässt, ob die Einsparung pro Passagier oder Flug gilt: Die Maschinen haben etwa gleich viele Sitzplätze, laut des Lufthansa Magazins 09/12. Es sei weniger Personal nötig, zudem könne der so freiwerdende A330 andere, profitablere Strecken fliegen: Er soll nach New York fliegen und damit eine 747-400 ersetzen.

Der Wechsel betrifft die Passagiere: Denn statt interkontinentaler Business mit „schräger Rutsche“ oder den neuen Lie-Flat-Sitzen mit Fußel-Faktor, gibt es die geschmähten Neuen-Europa-Komfort „Campingstühle“, wie sie vielfach spöttisch genannt werden. Hinlegen ist nicht.

Mit Lufthansas eigenen Worten:

Für den Business-Class-Reisenden ist der Unterschied zwischen dem Kont- und dem Interkontprodukt deutlich. Eine solche Angebotsverschlechterung […]

Die First Class fällt ganz weg.

Das ist ärgerlich: Denn Kunden, die ein teures Business Class Ticket gekauft haben, erwarten auch den Komfort. Neben dem vertraglichen Problem eine zugesicherte Leistung nicht zu erbringen, dürfte sich der erste Ärger an den Flugbegleitern entladen. Das Passage Magazin schreibt fast zynisch:

Alle verantwortlichen Stellen sind sich bewusst, dass trotz der schon angelaufenen externen Kommunikation insbesondere die Kabinencrew auf den Flügen besonderen Belastungen ausgesetzt sein wird, weil enttäuschte Business-Class-Passagiere ihren Unmut zunächst bei ihnen kundtun werden. Eine ähnliche Situation gab es anfangs auf der Kairo-Strecke, für die Lufthansa den Umstellungsschritt auf treibstoffsparendes Kontgerät bereits zum Winterflugplan 2011/2012 getan hat.

Und daraus hat man wohl nichts gelernt. Die Flugbegleiter, die zu Leiharbeitern werden sollen, sollen den Ärger abfangen. Wäre es nicht feiner, die Kunden ausführlich zu informieren, proaktiv eine Umbuchung auf Swiss oder BA anzubieten, die ab Zürich bzw. London noch mit „3-Klassen-Interkontgerät“ fliegen? Und auch künftig bei Buchungen klar auf die schlechtere Sitzqualität hinzuweisen?

Denn wenn mich meinen Geographie-Kenntnisse nicht täuschen, handelt es sich bei dem Flug nach Tel Aviv um eine Interkontinentalstrecke und nicht um Europaverkehr. Ein fehlender Hinweis könnte da schnell irreführende Werbung werden.

Gibt es eigentlich dann für Business-Flüge nach Tel Aviv, Amman, Beirut, Cairo oder Samara, wo überall NEK droht, auch Nachlässe auf die Meilenpreise? Oder sind die Strecken im Campingstuhl genauso teuer wie Swiss-Flüge in moderner Business Class?

Überblick: Meilenwert und Bilanzierung

Im Rahmen meines Verfahrens kam auch die Frage auf: Wieviel ist eine Meile wert? Und wie hat sich der Meilenwert durch die Entwertung verändert?

Der Wert einer Meile variiert, je nach Nutzungsart. Und interessanter Weise auch nach Blinkwinkel: In der Bilanz verhält sich die Wertentwicklung der Meilen anders als aus Kundensicht. Das ist widersinnig, denn nach nach dem Bilanzierungsstandard IFRIC13 sollten Meilen mit dem Mittelwert der sonst zu erzielenden Erlöse bewertet werden. Mithin also zum Wert der Kaffeemaschine aus dem Worldshop oder eben eines First Class Round-The-World Tickets.

Überraschend ist auch die Bandbreite: Meilenspenden an die HelpAlliance scheinen nur 0,1 €-Cent / Meile wert, ein First-Class-Flug mit Companion-Award ist gut das 66-fache wert, nämlich 6,67 €-Cent / Meile. In einem Vergleich hat Lufthansa sogar 8,8 €-Cent pro Meile ausbezahlt, in einem kürzlichen Verfahren vor dem AG Köln berichtete mir der Kläger, habe die Vertreterin der Lufthansa einmal einen Meilenwert von 1 €-Cent (50.000 Meilen = 500 €), anschließend einen von 2,5 €-Cent behauptet (8.000 Meilen = 200 €). In LG Kön 14 O 245/11 sprach Lufthansa schriftsätzlich von 2,77 €-Cent.

Andererseits bilanziert Lufthansa Meilen aktuell zu 0,8 €-Cent / Meilen.

Diese breiten Schwankungen zeigen für mich: Lufthansa weiß selbst nicht, was eine Meile wert sein könnte. Wie soll sich dann ein Kunde zurechtfinden?

Und wie ein Aktionär? Die Meilen sind Verpflichtungen für künftige Leistungen und müssen in der Bilanz ausgewiesen werden, sie bestimmen also maßgeblich den Unternehmenswert, darüber den Aktienkurs und die Kreditwürdigkeit.

Ironischer Weise ist der bilanzierte Wert der Meilen gestiegen, obwohl sie nach außen weniger wert sind. Dafür kann es eine plausible Ursache geben: Erst 2008 wurde die Bewertung nach IFRIC13 eingeführt, davor war Lufthansa diesbezüglich freier. Vor 2008 war daher eine Meile mit ca. 0,5 €-Cent bilanziert, durch die Umstellung stieg der Wert auf jetzt 0,8 €-Cent.

Bei rund 200 Milliarden Meilen werden aus lächerlich klingenden 0,3 €-Cent stolze 600 Millionen €. Das entspricht dem Wert von 8 Flugzeugen A320neo (Listenpreis) oder 4 der riesigen A380 zum realen Einkaufspreis. Also durchaus ein Kostenfaktor, bei dem selbst Großunternehmen schlucken müssen.

Damit würde ein Anreiz bestehen, die Bewertung nach IFRIC13 zunächst zu unterschätzen, um das Unternehmen bei der Umstellung nicht zu sehr zu belasten. Das würde erklären, warum trotz meßbarer Entwertung der Meilen aus Kundensicht, die sich aus Marktpreisen der zu erwerbenden Produkte ergibt, der Bilanzwert gestiegen ist, der auch auf Ticketpreisen beruhen sollte.

Denn dann wäre durch die Entwertung der reale Wert einer Meile dichter an den Bilanzwert gerutscht, die Differenz, die aus Unternehmensmitteln aufgebracht werden müßte, schrumpft.

Um diese Hypothese verifizieren zu können, habe ich auf der Hauptversammlung Dr. Franz einen Berg Fragen gestellt. Da konnte er mir nicht aus, bei einigen Punkten hat er sich zwar gewunden, gab auch teils Falschauskünfte, aber im Kern mußte er viele Schätzungen, die ich vorher angestellt hatte, bestätigen.

Daraus lässt sich abschätzen, ob die Bilanzierung der Meilen stimmen kann: Bis auf den Gegenwert einer Flugprämie sind alle Faktoren bekannt. Durch einfaches Umformen ist dann offensichtlich, daß Flugprämienmeilen maximal 1,35 €-Cent wert sein dürfen, damit ein mittlerer Meilenwert über alle Prämienarten von 0,8 €-Cent in der Bilanz noch möglich ist.

Dabei sind die 1,35 €-Cent schon das Maximum, da alle anderen Werte minimal gewählt sind. Wahrscheinlicher ist also ein niedrigerer Durchschnittswert für die Flugprämien.

Bei First Class Preisen von bis zu 6,67 €-Cent / Meile und 3,71 €-Cent / Meile in Business erscheint der Schnitt recht niedrig. Selbst in Economy lässt sich mit Companion Award der Wert einer Meile auf der passenden Strecke noch auf 1,30 €-Cent heben.

Wenn also nicht alle Lufthansakunden völlig unökonomisch handeln und innereuropäisch ihre Meilen zu einem negativen Wert in Economy verfliegen, scheint die Bilanzierung unlogisch.

Auch der Verkaufspreis der Meilen deutet das an: Wenn Kunden bereit sind, zwischen 2,42 €-Cent und 3,5 €-Cent für eine Meile zu zahlen, müssen sie einen entsprechenden Nutzwert haben. Der Nutzwert ergibt sich ganz einfach im Verhältnis zum Kaufpreis eines entsprechenden Tickets.

Dazu kommt noch: Ausgerechnet die besonders wertvollen First Class Prämien verknappt Lufthansa, viele Leser berichten mir, schon seit langem auch Schwierigkeiten beim Buchen von Business Class Prämien zu haben. Auch das können (unfeine) Maßnahmen sein, den gewünschten Durchschnittspreis zu erzwingen.

Es spricht also vieles dafür, daß die Hypothese einer zu geringen Bewertung der Meilen zutreffen könnte. Ob das den Verdacht einer Bilanzfälschung begründet, wie ein Anwalt in einer Strafanzeige mit Rechenfehlern behauptet, oder ob das noch zulässige Bewertungsfragen sind, wird wohl ein Gericht herausfinden. Möglicher Weise auch, ob eine Verknappung von Prämien so zulässig ist oder die Kunden so getäuscht wurden.