Das Kundenmonolog-Backlog

Auf der Lufthansa Facebook-Seite beschweren sich immer wieder Kunden, daß ihre Rückmeldungen nach mehreren Wochen noch unbeantwortet wären. Als Entschuldigung erklärt das Social Media Team: Der Kundenmonolog habe ein so langes Backlog, es lägen zu viele Anfragen vor.

Das ist kein Qualitätsmerkmal und kein Zeichen eines ausgezeichnet guten Service, wie man es von einem Meisterkreismitglied erwarten sollte.

Die Begründung mit einem langen Backlog wirft insbesondere ein schlechtes Licht auf Lufthansa, denn es finden sich nur zwei mögliche Erklärungen: Entweder sind einfach viel zu wenig Mitarbeiter im Kundenmonolog beschäftigt, um mit der Menge an Anfragen zurechtzukommen – oder die Zahl der negativen Rückmeldungen ist so hoch, daß selbst mit Textbausteinen und kontextfreien Antworten keine Chance mehr besteht, mit der kleinen „halben“ Zusatzvariante, daß die kontextfreien Antworten wegen der Rückfragen zusätzliche Arbeit machen.

Entweder hat also Lufthansa ein schwaches Produkt mit schwachem Service, weil der Beschwerdeberg so hoch ist, daß er erst nach Wochen überhaupt abgearbeitet werden kann – oder aber Lufthansa schert sich nicht um das Feedback der Kunden, lässt die Anfragen gerne im Stapel vergilben und setzt einfach gezielt zu wenig Personal dafür ein.

Beides zeigt praktizierte Kundenverachtung und schadet dem angeschlagenen Image weiter. Intelligenter wäre es, jetzt schnell die Berge abzuarbeiten und anschließend als Ziel für schriftliche Anfragen eine Bearbeitungszeit von einer Woche, für E-Mail-Anfragen von 2 Tagen festzulegen. Wenn dann die Mitarbeiter im Kundenmonolog noch die Freiheit bekämen, Probleme sinnvoll zu lösen, statt mit Textbausteinen um sich zu werfen, entstünde ein Kundendialog, der den Namen verdient. Das wäre ein Riesenfortschritt.

Für Lufthansa natürlich, für mich hieße es, ich müßte etwas positives berichten. Wenn das mal kein Anreiz für Sie ist, Herr Dr. Franz. So könnten Sie selbst schlechte Presse eindämmen.

Werbung

Lufthansas Hauptproblem

Mittlerweile ist Lufthansas peinliche Werbeaktion mit dem noch peinlicheren Liebesbrief auch in der Presse aufgeflogen, man versichert eilig, den Eindruck beim Leser des Briefes zu bedauern und modifiziert die zugehörige Webseite.

Natürlich darf da der Hinweis auf eine kecke Print-Werbung der Reisetochter binoli des Hauptkonkurrenten AirBerlin nicht fehlen: Eine junge Dame hält die Handtasche zwischen den Zähnen, daneben einige berüchtigte Shopping-Locations zu günstigen Reisepreisen und als Punchline: „Teuer wird es erst, wenn Sie Ihre Frau mitnehmen.“

Mich wundert, daß da nicht als Schutzreflex Sixt „Frauen in Schlüsselpositionen“ ausgegraben wurden.

Die letzten beiden haben in meinem Bekanntenkreis mindestens ein Schmunzeln ausgelöst, die von Lufthansa überwiegend Abstossung.

Denn die Werbung passt nicht zu Lufthansa. Rotzfreche Kommentare zur Tagespolitik sind bei Sixt Erwartung, sie passen zum Image. Binoli hat mit dem recht billigen Spruch die billigen Angebote billig in Szene gesetzt. Das ist auch stimmig.

Aber Lufthansa ist nicht stimmig. Was ist Lufthansa?

Verfechter eines überkommenes Rollenmodells oder erster Wagen auf dem CSD in Berlin?

Billigflieger oder Premiumairline? Die aktuelle Kampagne soll niedliche Preise verkaufen, man versucht in das Marktsegment der Billigflieger einzudringen.

Lufthansa ist nicht loyal und auch nicht vertragstreu, fordert das aber von Berlin-Brandenburg International.

Der Vorstandsvorsitzende behauptet Kundenloyalität sei ein Hauptziel und die Kunden sollen Fans werden. Gleichzeitig greift Lufthansa die Stammkunden massiv an – darum dreht sich mein ganzes Blog -, um auf der Hauptversammlung aber den Vorstand versichern zu lassen, man wolle die Premiumkunden keinesfalls verärgern.

Diese ganzen Widersprüche machen Lufthansa unglaubwürdig. Sie zeigen, daß für Lufthansa der Kunde nur noch Mittel zum Geld ist.

Das unterscheidet Lufthansa von Sixt oder binoli. Beide kommunizieren widerspruchsfrei. Sie sind dadurch glaubwürdig. Da passt auch eine unverschämte Werbung, weil sie echt und stimmig ist.

Lufthansa scheitert schon an der Kommunikation. Verspätete und schlechte Kommunikation war Ursache fast allen Ärgers, den Lufthansa in letzter Zeit hat.

Lufthansa hat es so schwer richtig zu kommunizieren, weil sie selbst nicht weiß, was sie will. Es fehlt an der Strategie. So entstehen dauernd Widersprüche und der Eindruck des Kunden, von Lufthansa eh nur noch mit Halbwahrheiten bedient zu werden.

Lufthansa will auch gar nicht kommunizieren. Nicht umsonst heißt der Kundendialog schon lange inoffiziell „Kundenmonolog“ und die Facebookseite quillt wegen Beschwerden darüber über.

Schlechte Presse, unzufriedene Kunden, Ärger über unpassende Werbung, ungeschicktes Sparen – hat das nicht gerade Schlecker in den Ruin geführt?

Wann endlich verlangt der Aufsichtsrat vom Vorstand im Interesse der Aktionäre, Mitarbeiter und Kunden eine klare Aussage zur Strategie, schlüssiges Handeln und anständige Kommunikation?