Warum Kunden den Streik verstehen

Ein Streik ist ein Riesenärgernis für Kunden, es ist auch schade, daß der Tarifkonflikt so eskalieren mußte. Doch sehe ich die Schuld nicht bei den Flugbegleitern, sondern dem Vorstand, der sich schon in meinem Fall so sensibel und taktisch verhalten hat, wie ein Elefant, der ordentlich vergorene Früchte „getankt“ hat, im Porzellanladen.

Im Manager Magazin 09/2012 finden sich nun sechs Leserbriefe zu dem Artikel in der vorhergehenden Ausgabe, in dem von Machtkämpfen im Vorstand und gechassten Beratern die Rede war. Treffend überschrieben ist diese Zuschriftensammlung mit „Leidgeprüfte Kunden“, denn von den sechs Briefen sind fünf deutlich kritisch und wenig erbaut vom Lufthansa Management.

Kein Wunder, denn die Sparmaßnahmen richten sich alle gegen Komfort und den „Premiumanspruch„, den Lufthansa noch in der Werbung herauszukehren versucht.

Der sechste Briefschreiber sagt, er sei seit 25 Jahren mit Lufthansa unterwegs und es sei eine der besten Airlines der Welt. Damit meint er vermutlich den Service, den er in der Luft erfährt. Also das, was die Flugbegleiter leisten, an denen jetzt gespart werden soll.

Auch diesen Kunden wird der Lufthansa-Vorstand noch verjagen. Die Manager ohne Strategie, die ihre internen Grabenkämpfe auf dem Rücken der Kunden, Mitarbeiter, Vertriebspartner und Aktionäre austragen. Und Berater, die sie kritisieren, direkt rauswerfen.

Die Maßnahmen laufen schon: Wenn er nämlich bei innerdeutschen Flügen plötzlich nicht mehr in die Lounge darf, für jedes Gepäckstück eine Gebühr zahlen muß und von billigen Leihkräften, die keine Firmenbindung haben, schlechten Service erfährt, werden auch 25 Jahre gute Erinnerungen an Lufthansa verblassen. Um das abzuwenden, kämpfen die überzeugten Lufthanseaten durch den Streik für ihr Unternehmen und ihre Kunden im Flieger.

Und genau diese Managementprobleme sehen dann auch die fünf anderen Leserbriefautoren. Sie greifen die „Marketinggrotesken“, die aus Sparmaßnahmen neuen Service machen, auf, diskutieren die schlechte Kommunikation im Konzern und nach außen sowie den schlechten Kundenumgang.

Kurz: Sie sehen, wofür auch die Flugbegleiter jetzt streiken.

Beim Manager Magazin lässt sich wohl annehmen, daß es sich an bildungsnähere Schichten richtet, als der schleckerisierte Slogan „Nonstop you“ wohl ansprechen soll. Vermutlich dürfte zwischen der Zielgruppe des Lufthansa Exclusive Magazins, mithin den Stammkunden, und der des Manager Magazins auch eine große Schnittmenge bestehen.

Die Leserschaft des Manager Magazins sieht die Probleme der Lufthansa und weiß, wo die Ursache liegen. Ein Leser hofft ganz konkret, daß (spätestens) der nächste Aufsichtsratsvorsitzende Dr. Franz „wieder auf den richtigen Weg zurückführen wird“.

Wenn die Manager Magazin Leser das wissen, dann sollten auch die Stammkunden wissen, warum und wofür die Flugbegleiter streiken. Sie verstehen den Streik auch, wie die Leserbriefe vorauseilend vermuten lassen.

Und das deckt sich mit der Medienberichterstattung heute, in der Kratkys unpassende Bemerkung überraschender Weise noch keine Rolle gespielt hat. So heißt es auf Focus Online, daß eine Umfrage ergeben hätte, daß 75% der Deutschen Verständnis für den Streik hätten. Auch auf sueddeutsche.de, in einem Video, ist ein klares „Pro-UFO“-Signal zu hören.

Sehr deutliche Worte für die aktuellen Probleme der Lufthansa fand ein Leser-„Brief“ auf meiner Facebook-Seite:

Ich wünsche den LH Mitarbeitern einen langen Atem und viel Glück, die Forderungen durchzusetzen. Und vielleicht schaffen sie, was 100000 frustrierten Vielfliegern bisher nicht gelungen ist – den Laden lahmzulegen und das Management zum Abdanken zu zwingen. Wenn es jemals mit der LH wieder aufwärts gehen soll, dann nur ohne den jetzigen Vorstand!

6 Gedanken zu „Warum Kunden den Streik verstehen

  1. Hallo Herr Eggendorfer,

    ich muss zugeben, dass ich erst durch Ihre Beiträge bzgl. unserer Streiks auf Ihre Seite aufmerksam geworden bin. Seitdem lese ich Ihre Beiträge regelmäßig mit großem Interesse. Vielen Dank für Ihr Verständnis und all Ihr Hintergrundwissen, welches Sie hier durch die offizielle Kommunizierung Ihrer Quellen stets mit uns teilen. (Bei aktuell so viel unterschiedlicher und zum Teil widersprüchlicher Berichterstattung in den Medien, finde ich die Nennung dieser Quellen immer wichtiger…) Es freut mich, dass auch insbesondere Sie als Vielflieger, Ihre Gedanken hier niederschreiben und wir die Möglichkeit haben diese nachlesen/nachvollziehen zu können.
    Ich stelle fest, dass sobald jmd. mehr Hintergrundwissen über die Firma und den Streik besitzt, tatsächlich auch großes Verständnis uns gegenüber zeigt. Ich selber bin noch nicht so lange dabei und habe Betriebswirtschaftslehre studiert. Daher denke ich, stand ich zu Beginn dem Thema Streik generell etwas kritisch gegenüber, wobei ich die Streikinhalte aus Mitarbeitersicht stets nachvollziehen konnte und bei intensiverer Befassung mit diesen Inhalten und vor Allem bei Betrachtung der Umgangsweise und der Haltung der GL uns gegenüber, nun definitiv hinter dem Streik, als letztes Mittel zum Zweck, stehe. Unabhängig von diesen Inhalten, gibt es immer wieder einige Zitate zu lesen, wie auch Sie gestern über die UFO Website Herrn Kratky zitiert haben, dass “LH locker 10 Tage Streik aushalten würde”… Wie in solch kritischen Zeiten eine Kommunikation eines solchen sinnfreien, unproduktiven Inhaltes stattfinden kann, finde ich nicht nachvollziehbar. Aber somit wären wir beim Thema Kommunikation.
    Viele Ihrer Gedankengänge hinsichtlich diesem Thema finde ich sehr interessant. Beispielsweise haben Sie am 26.04. einen Artikel über die „Nicht-Kommunikation“ verfasst. Dies scheint sich ja tatsächlich neben der Kundensicht (Meilenentwertung) insbesondere aus Mitarbeitersicht bis heute zu „standardisieren“ … Wie sieht eigentlich die Zukunft für ein Unternehmen aus, das es schafft in so kurzer Zeit so viele Interessensgruppen, auf die es angewiesen ist, zu verärgern bzw. seine Glaubwürdigkeit gegenüber diesen Gruppen zu verlieren? Das frage ich mich wirklich… Denn eigentlich arbeite ich ja gerne für diese Firma 😉
    Mein letzter Punkt zum Thema Kommunikation betrifft den Slogan „Nonstop you oder auch Direct4you“. Ich musste tatsächlich ein wenig schmunzeln über Ihre Ausdrucksweise hinsichtlich dieser schleckerisierten Slogan. Schon bei Veröffentlichung dieser Titel konnte ich nicht glauben, dass hier nun umgesetzt wird, was bei Schlecker schon auf einen Skandal stiess. Eine Assoziation mit dem Schlecker Slogan ist ja kaum zu vermeiden und somit ja eigentlich auch nicht die Intention, die Schlecker damals verfolgt hatte. Das muss einem ja bewusst sein. Ist dies keinem aufgefallen oder steht man wirklich dahinter mit der selben Intention? Kommunikation in jeglicher Hinsicht erscheint mir wichtiger denn je … Vielleicht sollte ich über einen Master in diesem Bereich nachdenken, bevor ich mit Leiharbeit konfrontiert werde… 😉

  2. Sorry, aber hier schreibt jemand nicht mit Hintergrundwissen, sondern Halbwissen garniert mit emotionalen Ausbrüchen. Die Aussagen von Kratky sind durchaus nachvollziehbar und wenn Flugbegleiter eine ganze Firma versuchen lahm zu legen und sich in Managemententscheidungen einzumischen, dann dürfen sie keine Samthandschuhe erwarten.
    Kratky´s Aussagen sind nicht mitarbeiterverachtend, sondern sie entsprechend der Realität. Sie widerspricht auch nicht der Aussage, dass man alles tut, um die Kunden vor Auswirkungen zu schützen. Für den Streit trägt die Gewerkschaft die Verantwortung und das ein Unternehmen alles, was diese Gewerkschaft tut auch schlugen muss, wäre neu.

    Das Austragen von „Grabenkämpfen“ ist keine Spezialität der Lufthansa, sondern kommt in allen Unternehmen, Behörde und – man staune – sogar Universitäten vor. Dies ist nicht immer produktiv, aber es hat auch eine positiven Faktor: es wird über die Unternehmensentwicklung diskutiert und gestritten.

    Sie können gerne alles kritisieren, was Ihnen so über den Weg läuft – auch das schlechte Wetter, bei dem Flugzeuge nur mit längeren Freiräumen gestartet werden. Oder den Ausbruch des Eyjafjallajökull. Sonderlich klug wirkt dies nicht. Der ganze Klatteratatsch um irgendwelche verschwundenen Meilen ist kein Problem, welches mit dem Streik von Flugbegleitern etwas gemein hat noch wirklich von allgemeinem Interesse ist. Es ist ein reines Luxusproblemchen, bei dem unnötiger Weise staatlich bezahlte Gerichte belästigt werden. Hier sollte man einen Riegel vorschieben und sich bei Gerichten auf die wirklichen Streitfälle konzentrieren, und solchen Unsinn einfach abblocken.

    Wenn ich mir den Beitrag „FRA-TLV mit A321“ (https://meilenschwund.wordpress.com/2012/09/07/fra-tlv-mit-a321-zynisch-in-passage-magazin/) anschaue, dann fällt mir vor allem eines auf: Es geht gar nicht um einen wirtschaftlichen Betrieb eines Unternehmens, sondern einfach darum, die Meckerkultur um ein weiteres Episödchen zu erweitern. Woher will ein nicht im Unternehmen angesiedelter Unkenntnishafter wissen, wie Lufthansa mit dem Problem der bereits gebuchten Tickets umgeht? Woher will er wissen, ob nicht bereits die Umstellung (die vielleicht schon lange in den Buchungssystemen steht) nicht bereits allen Kunden mitgeteilt wurde?
    Wenn Lufthansa sein Fluggerät effizienter im ökonomischen und ökologischen Sinne einsetzt, ist dies eine richtige und wichtige unternehmerische Entscheidung. Was es daran zu kritisieren gibt (außer das es keine Liegesitze für einen Drei-Stunden-Flug mehr gibt), erschließt sich wirklich nicht.

    • Das Vertragsrecht ist recht simpel: Man vereinbart Leistung und Gegenleistung. Daraus erwächst für jeden Vertragspartner die Pflicht, seinen Vertragsteil vereinbarungsgemäß zu erfüllen. In der Praxis ist das häufig ein Preis für eine Leistung. Also 2,50 € für eine Leberkässemmel.
      Muß der Händler nun sparen, kann er nicht einfach eine trockene Semmel über die Theke reichen, sondern muß sie mit Leberkäs belegen. Das lässt sich leicht auf den Fall FRA-TLV übertragen: Es ist ein ordentlicher Business-Sitz versprochen, geliefert wird jedoch ein Campingstuhl.
      Lufthansa informiert auch nicht, daß sie aus Spargründen jetzt eine Leberkässemmel ohne Leberkäs anbieten. Ganz im Gegenteil, wie mein heutiger Artikel zeigt, verspricht sie sogar noch zusätzlich süßen Senf und ein Helles, sozusagen First Class-Semmeln, ohne überhaupt Bier und Senf zu haben.
      Nähme man jetzt an, daß Ihr Argument zuträfe, und es nur Meckerkultur der Kunden wäre, sich über eine solche einseitige Leistungskürzung nach Vertragsschluß zu beschweren, dann müßte auch der Umkehrschluß gelten: Der Kunde muß den Preis jederzeit kürzen dürfen. Schließlich müssen auch die Kunden sparen: Allein die Inflation, die ausfallenden Gehaltsrunden und die hohen Spritpreise reduzieren deren am Jahresende zu erwartenden Überschuß im Geldbeutel.
      Den Vorschlag können sie der Lufthansa nach Vertragschluß gerne unterbreiten, mit Kostenersparnis begründen und Sie werden aller Voraussicht nach abgewiesen werden. Sie würden das auch vermutlich als unbotmäßig ansehen, einfach weniger zu zahlen.
      Warum sollte sich ein Kunde das also gefallen lassen?
      Und genau das gibt es zu kritisieren.
      Auch heute wird weiter mit der NEK im Europaverkehr geworben, sie aber auch im außereuropäischen genutzt. Das Ergebnis ist eine Mogelpackung.
      Der „Klatteratatsch um irgendwelche verschwundenen Meilen“, ich zitiere Sie, beschreibt genau dasselbe Rechtsproblem an einem anderen Beispiel. Auch hier wurde einseitig eine vertraglich zugesicherte Leistung im Nachhinein gekürzt.
      „pacta sunt servanda“ dürfte mit einer der ersten Sätze sein, denen ein Student in einer Rechtsvorlesung begegnet, ja sogar in der gymnasialen Oberstufe sollte er in „Rechtskunde“ oder „Wirtschaft&Recht“ den Schülern schon zulaufen.
      Mithin ist davon auszugehen, daß auch der Lufthansa-Vorstand ihn schon mal vernommen hat. Immer wieder gegen einen solchen elementaren Rechtsgrundsatz zu verstossen, sich mit teils hahnebüchnen Argumenten daraus herauszureden, zeugt nicht gerade von Rechtschaffenheit.
      Über Herrn Kratkys Aussage können wir sicher geteilter Meinung sein – ich halte sie, und das habe ich begründet, für äußerst unpassend. Wirtschaftliches Arbeiten ist auch mit Anstand und Rücksicht möglich, mit Augenmaß und Verständnis für Mitmenschen. Das kann ich der Aussage nicht entnehmen.
      Im Übrigen ist der Widerspruch der Aussagen in den Pressemitteilungen – Millionenschäden durch Streik – und der Aussage von Herrn Kratky, man habe trotz Streik Gewinn erwirtschaftet, sicherlich unstrittig. Kennen Sie noch den schönen Satz: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht, auch wenn er die Wahrheit spricht.“

  3. Irgendwie frustriert mich das.
    Versteh mich nicht falsch. Ich finde es toll dass die Flugbegleiterinnen streiken. Sie haben sicher auch mehr Lohn verdient. Es ist schließlich eine anstrengende Arbeit. Und ich hoffe wirklich dass sie ihre Forderungen erfüllt bekommen.
    Aber ich selbst bin Krankenschwester und kenne dieses Gefühl der Unterstützung gar nicht. Wenn unser Berufsstand streikt dann heißt es nur:“Ach, die streiken SCHON WIEDER? Dabei kann man das wirklich an einer abzählen, wenn wir mal auf die Straße gehen.
    Und bei uns werden auch keine Flüge gestrichen (bzw. Betten). Nein, wir müssen bei gleicher Patientenanzahl aber weniger Personal arbeiten. Mit anderen Worten: Streik bedeutet dass die Arbeit noch schwerer wird.
    Das stößt mir etwas auf. Aber wie gesagt: Dafür können die armen Stewardessen nichts.

    lg

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