UFO ./. Lufthansa: Streik in Kabine

Die Flugbegleitergewerkschaft UFO hat ab heute Streiks angekündigt, die seit über einem Jahr andauernden Tarifverhandlungen sind ergebnislos geblieben. Ein Streik ist gerade für die Kunden äußerst ärgerlich, er sollte daher eine ultima ratio bleiben.

Tatsächlich scheint es diesmal auch eine gewesen zu sein. Die Diskussion bei UFO geht nicht nur um Gehälter, es geht um Jobs. Der Vorstand hat gezeigt, wozu er fähig ist, als er die fliegenden Mitarbeiter der AUA zur Tyrolean verlegt hat. Ähnliches könnte mit Direct-4U in Deutschland kommen.

Dagegen wehren sich die Flugbegleiter. Sie wollen ihren Job bei Lufthansa behalten.

Gleichzeitig geht es um Leiharbeiter in der Kabine. Das hat Lufthansa in Berlin testweise eingeführt, auch das bedroht die Jobs der Festangestellten.

Natürlich geht es auch um Gehalt. Die Mitarbeiter beklagen, mehrere Nullrunden hinter sich zu haben und wollen nun auch mehr Gehalt, nachdem der Konzernvorstand sein Grundgehalt im letzten Jahr pro Mitglied um den Faktor 1,5 erhöht hat.

Wenn man überlegt, daß Lufthansa 1,5 Milliarden sparen will und allein die Erhöhung der Grundgehälter des Vorstands von 2010 auf 2011 insgesamt gute 1,1 Millionen ausmachte, ist es sehr verständlich, daß die Flugbegleiter schwer nachvollziehen können, daß ausgerechnet an ihrem Gehalt gespart werden soll.

Auch die Argumentation mit der Kostenstruktur der Lufthansa überzeugt nicht: Der Anteil der Personalkosten an der Gesamtkosten der Passage ist 2011 im Vergleich zu 2010 gesunken, wie sich aus dem Jahresbericht ergibt.

Die Berliner Morgenpost vergleicht die Gehälter mit Billigfliegern – und kommt zum Ergebnis, daß die Mitarbeiter dort nicht immer billiger sein müssen:

Berufsanfängern zahlt Lufthansa 1530 Euro Grundgehalt plus Zuschläge. Bei EasyJet gibt es einem Einstiegslohn von 1060 Euro. Beide Airlines zahlen zusätzlich Zulagen und Urlaubsgeld, wodurch sie laut Ver.di auf eine Gehaltsumme von rund 1800 Euro brutto kommen und sich der Unterschied ausgleicht.

Tatsächlich scheint dieser Streik auch eine ultima ratio zu sein. Der Chef der UFO hat mehrfach den Streikbeginn vertagt, um Lufthansa nochmal Verhandlungszeit zu geben. Was nichts gebracht hat.

Lufthansa dagegen beschuldigt UFO, daß keine Lösung zustande kam, wie das Hamburger Abendblatt schreibt:

Die Verhandlungspartner wiesen sich gegenseitig die Verantwortung für das Scheitern zu. Das Gesamtforderungspaket der UFO sei zu hoch gewesen, erklärte ein Sprecher der Lufthansa. UFO habe die Chance verpasst, die Leiharbeit bei Lufthansa zu beenden.

Lufthansa habe materiell zu wenig angeboten und sich bei den wichtigen Strukturfragen nicht bewegt, erklärte hingegen Vogelsang. Vor allem habe das Unternehmen darauf bestanden, im Konzern die neue Direktflugtochter mit niedrigeren Tarifen zu gründen. UFO fürchtet, dass bis zu 2000 Flugbegleiter von der Lufthansa zu der Billigtochter versetzt werden sollen. „Wo Lufthansa drauf steht, muss auch Lufthansa drin sein“, sagte Vogelsang. Auch auf eine von UFO angebotene Schlichtung sei Lufthansa nicht eingegangen.

Wer mein Verfahren beobachtet hat, weiß wie „Verhandlungen“ bei Lufthansa aussehen. Da versuchte man auch einen erheblichen finanziellen Schaden durch ein paar Meilen im Wert einer Sektflasche zu kompensieren. Irgendwann ist mit einem solchen Verhandlungspartner verhandeln sinnlos, weil offensichtlich keine Einigung zu erzielen und kein Wille zur Bewegung zu erkennen ist.

Ich konnte gegen die Meilenentwertung klagen. Die Arbeitnehmer können aber nicht ein Gericht nach einer Gehaltserhöhung fragen. Damit bleibt ihnen als letzter Ausweg der Streik.

Ein Streik geht fast immer zu Lasten unbeteiligter Dritter. In diesem Fall den Kunden. Doch ich kann diesmal gut verstehen, warum und wofür die Lufthansa-Mitarbeiter kämpfen. Und ich kann sehr gut nachvollziehen, daß mit dem aktuellen Vorstand im Gesprächsweg nichts zu erreichen ist.

Zu einem Streit und auch einem Streik gehören immer zwei Parteien. Diesmal habe ich nicht den Eindruck, daß die Gewerkschaft, obwohl sie zwei Drittel aller Flugbegleiter der Lufthansa vertritt und davon 97,5% für einen Streik gestimmt haben, den Arbeitskampf forciert hat, es scheint mehr das hier schon oft kritisierte, fehlende Verhandlungsgeschick gepaart mit einer „Sparwut“ des Vorstands zu sein, das Ursache des Streiks ist.

Daher ist wohl der „Dank“ für den Streik bei den Flugbegleitern falsch untergebracht, Dr. Franz dürfte eher der Ansprechpartner sein. Denn mit einer Schlichtung hätte er den Streik zumindest noch hinausschieben können. Offensichtlich ist das aber gar nicht erwünscht, wie der Aufsichtsratsvorsitzende Jürgen Weber vorige Woche der Zeit sagte:

Lufthansa-Aufsichtsratschef Jürgen Weber rät seinen Nachfolgern, Forderungen der Gewerkschaften nicht zu weit nachzugeben und im Zweifel lieber einen Streik zu ertragen: „Besser man lässt es zum großen Knall kommen, bevor sich das Unternehmen aus dem Wettbewerb katapultiert“

Ich bin allerdings der Überzeugung, daß Lufthansa sich nicht durch Preise aus dem Markt katapultiert, sondern durch das Produkt und den Kundenumgang.

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19 Gedanken zu „UFO ./. Lufthansa: Streik in Kabine

  1. Sehr geehrter Herr Eggendorfer,

    leider hatte ich nicht das Vergnügen Sie auf einem Ihrer Flüge an Bord zu haben!
    Ich verfolge Ihre Website schon lange mit großem Interesse.
    Sie sprechen mir, als betroffener Flugbegleiterin aus der Seele und es tut gut, dass uns auch von Kundenseite so viel Verständnis entgegengebracht wird!
    Sie sind mein heimlicher Held, mein David der Lüfte, weil Sie dem großen Goliath auf die Finger geklopft haben!
    Danke dafür!!!

      • Das finde ich gar nicht! Auch von mir ein herzliches Danke, dass Sie das Ganze mal aus der Kundensicht beurteilen und für uns Verständnis haben!

      • Sehr geehrter Herr Eggendorfer,

        auch ich bin eine der betroffenen (im doppelten Sinne) Flugbegleiterinnen und lese immer interessiert von ihren Erfahrungen und Nöten.

        Ich bin dabei nicht immer Ihrer Meinung. Aber mir ist ein Gast wie Sie, der sagt, was seiner Meinung nach schiefläuft, tausendmal lieber als die, die sich nur abwenden und uns für immer verlassen. Und ich weiß, dass das vielen meiner Kollegen so geht.

        Im Moment müssen leider wir kundtun – mit Mitteln, die sich keiner von uns gewünscht hat, was uns auf dem Herzen liegt. Und mir haben Sie diesmal aus dem Herzen gesprochen! Meine persönlichen „Bonusmeilen“ sind Ihnen sicher!

        Danke!

      • Hallo Nina,

        vielen Dank für Ihre Bonusmeilen.

        Falls Sie mal Zeit und Gelegenheit haben, würde ich freuen, wenn Sie mir hier schreiben oder mailen könnten, wo Sie nicht meiner Meinung sind – und warum. Die Seite ist ja zum Meinungsaustausch entstanden und da freue ich mich über jede andere Meinung. Denn erst durch Diskussion entsteht neue Erkenntnis.

  2. Herr Eggendorfer,

    ich danke Ihnen für diesen Artikel, interessanter Lesestoff und in vielerlei Hinsicht teile ich Ihre dargestellte Meinung.

    Zwar empfinde ich Ihr Engagement in Hinblick auf die Lufthansa mitunter ein wenig zu persönlich (wenn auch nie überzogen), aber mit diesem Artikel treffen sie doch den Nagel auf den Kopf. Und während des Lesens wünscht man sich, dass Ihre Worte und deren Quintessenz bei der Lufthansa (und so manch anderem Konzern) an den richtigen Stellen gründlich reflektiert würden.

  3. @Nina: Abwenden muss man sich als Kunde von LH leider gezwungenermaßen! Ob man das nun möchte oder nicht.. Lufthansa überlässt da dem Kunden fast keine andere Wahl. Genauso wie sie anscheinend jetzt der UFO keine andere Wahl als den Streik lässt..

    Ich selbst fliege seit dem Abschluss meiner Ausbildung in 2001 mind. monatlich einmal (wenn nicht öfter) und muss Hr. Eggendorfer in allen seinen Aussagen, die ich bisher im Blog gelesen habe, rechtgeben.. das „Produkt“ Lufthansa ist im Laufe der Zeit immer ein klein wenig schlechter geworden. Leider ist das so schleichend passiert, das es nahezu niemand mitbekommen hat.. bis Hr. Eggendorfer erstmals öffentlich mit seiner Klage auf einen der vielen Missstände aufmerksam gemacht hat. Viele weitere Dinge wurden dann auch schon in diesem Blog angesprochen (Dauer von Meilengutschriften, Hotline-Service, Verschlechterungen bei Statuskunden etc.) … nur ändern tut sich halt leider nix.. und dann ist es nur nachvollziehbar, dass man sich irgendwann enttäuscht und frustriert abwendet.. 😦

    • @ Christian:

      Wir sind uns wahrscheinlich näher als Sie annehmen!

      Auch und gerade uns Flugbegleitern sind die Missstände bewusst. Schließlich kriegen wir an Bord ja oft „das Fett ab“, versuchen zu kompensieren, wo es uns möglich ist, müssen aber eben auch feststellen, dass wir immer öfter an unsere Grenzen geraten.

      Da fällt die Gratwanderung zwischen gebotener Loyalität gegenüber meinem Arbeitgeber (ich verwende bewusst nicht das Wort Lufthansa, denn das ist meine Zweitfamilie, nicht nur mein AG!) und empfundenem Verständnis, Mitgefühl und Sympathie für enttäuschte Kunden – meine Gäste – zu schaffen.

      Ich bin für jeden Gast dankbar, der (in vernünftigem Ton) versucht, mit mir ins Gespräch zu kommen, Feedback zu geben!

      Ich möchte Sie gerne einladen: Geben Sie uns – den Mitarbeitern – eine Chance! Sprechen Sie mit uns und versuchen Sie, gemeinsam mit uns etwas zu bewegen!

      • Nina, das ist genau das, was Sie, als Flugbegleiterin, so wohltuend vom „Kundenmonolog“ unterscheidet. An Bord kann man das Bemühen und Engagement der Flugbegleiter in der Regel wahrnehmen, nur sobald wieder Boden unter den Füßen ist, schlägt der Kundenmonolog mit seinen Textbausteinen rücksichtslos zu.

        Das ist ein Widerspruch, unter dem Sie auch leiden. Durch die schlechten Kundenmonolog-Erfahrungen sind die Kunden frustriert, denen Sie dann gegenüberstehen. Sie stehen zwischen den Fronten, weil Sie wissen, wie das Problem gelöst werden könnte, aber sie keiner fragt. Und Ihnen jetzt sogar noch die Gehälter zu kürzen versucht.

  4. Anmerkung vom Hollandrad: In Tagen, in denen heftigst über die Hähnchen auf der Fußballkluft in Bremen palavert wird, aber nie über die Sklavenhalter in „Fly Emirates“, aber es „Marktwirtschaft“ doch so doll geben soll, wird Lufthansa landen wie PanAm. Kam früher in jedem Film vor….wie UA, American Airlines…alle pleite, Austria, SwissAir….(alle Lufthasnas Bigplay).
    Und was sagt das Sprachgenie Kleber, irgendein Sender, heute dazu: „Die Flüge bleiben am Boden“. Und der Sprachpanscher verdient mehr als jeder Bäcker.
    Wir könnten auch abschweifen, was das bekloppte Rumgefliege im winzigen Europa soll. Nur mäßige Berge, aber kein Schienennetz. Wie die Schweiz. Aber die hat ja die bekloppte Düs-Flotte den Deutschen untergejubelt. Und im Größenwahn nehmen die ja alles. ha ha ha!

  5. @ Tobias Eggendorfer:

    Danke für Ihre Einladung zur Diskussion. Ich freue mich sehr darüber!

    Aus gegebenem Anlass bin ich im Moment etwas beschäftigt. 😉
    Da solche Diskussionen naturgemäß etwas mehr Zeit erfordern und ich Ihnen diese auch gerne widmen möchte, würde ich mich – mit Ihrem Einverständnis – gerne wieder melden, wenn sich die Lage normalisiert hat.

    Ganz liebe Grüße und nochmals ein herzliches Dankeschön!

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