Laut Dr. Jürgen Weber, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Lufthansa, sei Lufthansa in einer bedrohlichen Situation. So ließ er sich heute im Handelsblatt zitieren. Und weiter:
Ich trete wieder etwas stärker an die Öffentlichkeit, nicht weil ich dem Vorstand um Christoph Franz nichts zutraue, sondern weil ich helfen will.
Der wenig loyale Dr. Franz braucht Hilfe vom im Kundenumgang erfahrenen Dr. Weber. Dem stimme ich zu. Da braucht er Hilfe. Herr Dr. Weber, falls Sie noch Hinweise brauchen, was Ihre Kunden so richtig ärgert und was Sie machen könnten, um die Fehler zu beheben, rufen Sie gerne an – ich hätte da noch ein paar Tips.
Der Satz ist aus einem zweiten Grund viel interessanter: Die Suggestionstheorie sagt, daß negierte Sätze positiv verstanden werden. Das „nicht“ ist nicht vorstellbar. Das ist ein beliebter rhetorischer Trick, gerne genutzt im Kontext von Steuererhöhungen: „Nein, wir planen keine Steuererhöhungen“ und vier Wochen später ist keiner mehr überrascht, wenn sie doch kommen.
Im Kopf des Lesers bleibt also die Nachricht hängen, daß Dr. Weber sein Vertrauen in Dr. Franz verloren hat. Ob er das wirklich so gemeint hat, lässt sich kaum ergründen. Aber wenn es so wäre, wird die Hauptversammlung nächsten Dienstag sehr interessant.
Der Aufsichtsrat hat nämlich allen Grund, das Vertrauen in den Vorstand zu verlieren und einzugreifen. Nicht nur, daß drei Hauptfiguren, Gemkow, Dr. Endres und Weber selbst schon das sinkende Schiff verlassen, sondern auch, weil Gewinne und Aktienkurse in den Keller purzeln. Und weil verärgerte Kunden ihre Treue aufgekündigt haben. Und vermutlich auch, weil das Nachbohren auf den Bilanzwerten der Meilen sehr unangenehm ist. Denn wäre es nicht schmerzhaft, hätte Lufthansa sich in ihrer Stellungnahme zu meinem diesbezüglichen Gegenantrag kaum so winden müssen.
Allein der dicke Artikel im Handelsblatt von letztem Freitag ist eine herausragende Leistung. Ich kenne keinen Konzern, dem schon eine sechsseitige Artikelpackung und das Titelblatt gewidmet wurden. Das ist ein Negativrekord, nach all der schlechten Presse die letzten Wochen. Da hat sich wohl so mancher Aufsichtsrat gewundert, wohin der Irrflug jetzt noch gehen kann und ob der Pilot mal aus dem Fenster schaut.
Da kann man nur hoffen, daß Dr. Weber es jetzt noch schafft, das Ruder herumzureißen, sich bei den Kunden für seinen Vorstandsvorsitzenden entschuldigt und die Lufthansa aus den Turbulenzen holt. Den Mitarbeitern würde ich das wünschen. AirBerlin und British Airways jedoch könnten sich über noch mehr Sturzflug freuen. Und natürlich die bösen arabischen Fluglinien, gegen die Dr. Franz Staatshilfe braucht, statt zu kapieren, daß es gar nicht der Preis ist, der die Kunden lockt, sondern der Kundenumgang.
Ich hoffe auch, daß die bedrohliche Lage von Lufthansa jetzt nicht nur als Ausrede dient, noch hässlichere Veränderungen auf dem Rücken der Kunden und Mitarbeiter auszutragen. Denn das wäre fatal und der direkte Weg in den Bankrott.
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